Die Deutsche Bank bemüht sich um Schadensbegrenzung. Jürgen Fitschen greift sogar zum Hörer und ruft den Ministerpräsidenten an.

Frankfurt/Main. Deutschlands größtes Geldhaus in schwerem Fahrwasser: Nach der Steuerrazzia bei der Deutschen Bank hat sich Konzernchef Jürgen Fitschen zu einem Anruf bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hinreißen lassen. „Der Ministerpräsident hat klargemacht, dass es staatsanwaltschaftliche Ermittlungen sind, in die er sich nicht einmischen könne“, sagte Regierungssprecher Michael Bußer am Sonntag in Frankfurt. Auch die Deutsche Bank bestätigte das Telefonat, ohne Details zu nennen. Der „Spiegel“ hatte zuvor berichtet, Fitschen habe sich bei Bouffier über den massiven Einsatz der Ermittler beschwert.

500 Fahnder hatten am Mittwoch unter anderem die Zentrale des Dax-Konzerns in Frankfurt durchsucht. Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft wirft 25 Mitarbeitern der Bank Steuerhinterziehung, Geldwäsche und versuchte Strafvereitelung im Zusammenhang mit millionenschwerem Handel mit Luftverschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate) vor. Fitschen hatte die Aktion am Tag darauf in einem „Handelsblatt“-Interview als „überzogen“ bezeichnet und seine Unschuld beteuert.

Gegen Co-Chef Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause wird ermittelt, weil sie Ende 2010 die fragliche Umsatzsteuererklärung der Bank für das Jahr 2009 unterschrieben hatten. Diese enthielt nach Erkenntnissen der Ermittler zu Unrecht erstattete Umsatzsteuer aus illegalen Handelsgeschäften mit Emissionsrechten. Im Sommer 2011 korrigierte die Bank die Angaben um etwa 150 Millionen Euro. Ende 2011 verzichtete die Bank auf einen Anspruch von insgesamt 310 Millionen Euro Umsatzsteuerrückerstattung.

Unterdessen sickern weitere Details des Ermittlungsverfahrens durch, das mit einer ersten Razzia bei der Deutschen Bank im April 2010 öffentlich wurde. Medienberichten zufolge werfen die Ermittler der Bank Datenvernichtung in großem Stil vor. Nach der Razzia 2010 hatten die Behörden umfangreiche Dokumente angefordert, um zu klären, inwieweit der Konzern an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt war.

Nach der Razzia in der vergangenen Woche berichtet der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe unter Berufung auf die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft, das Material sei verzögert und unvollständig geliefert worden. 20.000 E-Mails seien gelöscht worden, von 9 der 40 untersuchten Mitarbeiter seien überhaupt keine Mails geliefert worden. Auch „Bild“-Zeitung und „Süddeutsche Zeitung“ berichteten über den Datenvernichtungsvorwurf.

Ein Sprecher der Deutschen Bank bekräftigte am Sonntag: „Die Deutsche Bank wird diese Vorwürfe prüfen und weiter vollumfänglich mit den Behörden kooperieren.“ Vor einigen Monaten suspendierte die Deutsche Bank mindestens fünf Händler, die an dem illegalen grenzübergreifenden Zertifikatehandel beteiligt gewesen sein sollen. Im Dezember 2011 waren sechs Bankkunden als Betreiber sogenannter Umsatzsteuerkarusselle zu langen Haftstrafen verurteilt worden.

Der Unternehmensberater Roland Berger mahnte in einem Gastbeitrag für die „Bild am Sonntag“: „Die Deutsche Bank braucht gerade jetzt das Vertrauen der Deutschen. Sie hat es verdient.“ Der Investmentbanker Anshu Jain, der das Institut gemeinsam mit Fitschen seit Juni 2012 führt, sei aus seiner Sicht der beste Mann, um mit den Fehlern der Vergangenheit aufzuräumen: „Der neue Mann an der Spitze der Deutschbanker weiß aus eigenem Erleben, was wo und warum schiefgelaufen ist“, schreibt Berger.