Finanzkrise zwingt Unternehmen zu Gegenmaßnahmen. Im Oktober wurde erneut mehr Kurzarbeitergeld beantragt.
Stuttgart. Mit Einsparungen, Kurzarbeit, weniger Investitionen und einer zurückhaltenden Einstellungspolitik reagieren die Unternehmen auf die schwächelnden Konjunktur vor allem in Südeuropa.
Insbesondere die Automobilbranche bekommt die Kundenzurückhaltung in den von Schulden geplagten Ländern derzeit deutlich zu spüren.
Die Zahl der Beschäftigten, für die konjunkturelles Kurzarbeitergeld angemeldet wurde, war im Oktober mit 44.164 auf dem höchsten Stand seit Dezember 2010, wie aus Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht. Doch die Bewertungen gehen derzeit auseinander.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) betonte am Freitag erneut, es gebe keinen Anlass zur Ausweitung der Bezugszeit des Kurzarbeitergelds. „2008 und 2009 waren wir mit einem massiven Einbruch der Weltwirtschaft konfrontiert. Trotz der schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung kann derzeit von einer solchen Krise nicht die Rede sein“, sagte Rösler den Zeitungen der WAZ-Gruppe.
Eine BA-Sprecherin sagte, die Behörde halte die Kurzarbeiterzahlen für noch nicht besorgniserregend: „Für Nichtkrisenzeiten geht man davon aus, dass bis zu 100.000 Personen alles normal ist“, betonte sie. Vor allem betroffen sind Unternehmen in den industriestarken Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.
Beunruhigt ist dagegen der Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, Jörg Hofmann. „Sorgen muss man sich nach den Erfahrungen von 2008 schon machen“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Hofmann forderte die Bundesregierung auf, einen klaren Rahmen für die Kurzarbeiterregelung zu schaffen.
Der Stuttgarter Automobilzulieferer und Elektronikkonzern Bosch führte in einigen Werken bereits Kurzarbeit ein. So ließ das Unternehmen im September im Bamberger Werk für Zündkerzen und Komponenten für Diesel- und Benzintechnik kurzarbeiten. Betroffen waren rund 1000 der 7300 Beschäftigten.
„Aufgrund kurzfristig erhöhter Abrufe eines Kunden ist aber seit Oktober in Bamberg keine Kurzarbeit mehr erforderlich“, sagte ein Sprecher. Kurzarbeit gebe es derzeit noch bei Bosch Rexroth an den Standorten Schweinfurt, in der Gießerei in Lohr und ab 22. November in Elchingen.
Abwartend reagieren auch andere Zulieferer. Die Esslinger Eberspächer-Gruppe, Spezialist für Abgastechnik, stellt sich auf eine schwächere Nachfrage ein. „Das Unternehmen prüft Einsparmöglichkeiten und hält sich mit Neueinstellungen derzeit zurück“, sagte ein Sprecher auf Anfrage.
ZF Friedrichshafen sieht sich insgesamt auf einem guten Weg, in diesem Jahr das Umsatzziel von 17 Milliarden Euro zu erreichen und damit den Vorjahreswert um zehn Prozent zu übertreffen. „In der Industrietechnik sehen wir im Moment eine Seitwärtsbewegung, im Bereich der Windkrafttechnik haben wir einen Umsatzrückgang“, sagte ein Sprecher aber. Bislang reagiere das Unternehmen mit „den üblichen betrieblichen Arbeitszeitspielräumen“.
Der Halbleiterhersteller Infineon startet nach einem deutlichen Gewinnrückgang ein umfassendes Sparprogramm und schickt mehr als 700 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Das DAX-Unternehmen reduziert außerdem die Zahl der Zeitarbeiter und schaltet nicht ausgelastete Produktionsanlagen vorübergehend ab.
Etwas anders gelagert sind die Probleme bei Daimler: Der Autokonzern hat mit seiner Profitabilität zu kämpfen und hinkt insbesondere in China hinter der Konkurrenz von BMW und Audi zurück. Gegensteuern will das Unternehmen mit einem milliardenschweren Sparprogramm. Das „Fit for Leadership“ genannte Programm soll ab 2014 mit zwei Milliarden Euro in der Autosparte zum Ergebnis beitragen. Eine weitere Milliarde will Daimler durch Einsparungen bei den Lkw erzielen. Entlassungen soll es keine geben.
Bei Opel müssen 2.600 Mitarbeiter gehen. Zudem stehen im Rüsselsheimer Werk von Herbst bis Jahresende an 20 Tagen die Bänder still, wie ein Sprecher erklärte. Betroffen sei von der Kurzarbeit nicht das gesamte Werk, sondern vor allem die Produktion. Aber auch Opel hat eher hausgemachte Probleme. Die General-Motors-Tochter wird von der US-amerikanischen Mutter an der kurzen Leine gehalten und produziert vor allem für den kriselnden europäischen Markt.