Die Zeit drängt für Griechenlands Ministerpräsidenten Samaras. Er muss die Geldgeber von seinen Sparplänen überzeugen.
Athen/Luxemburg/Berlin. Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt Griechenland mit der Bitte nach finanziellen Erleichterungen abblitzen. Das von der Pleite bedrohte Land droht angeblich seine langfristigen Ziele beim Schuldenabbau klar zu verfehlen. Gespräche zwischen den internationalen Geldgebern und Griechenlands Finanzminister Ioannis Stournaras brachten am Sonnabend wohl Fortschritte, aber eben noch nicht die erhoffte Einigung.
Die bisherigen Verhandlungen seien „sehr gut und produktiv“ verlaufen, erklärte IWF-Chefin Christine Lagarde nach Angaben ihres Washingtoner Pressebüros im saudi-arabischen Riad. Nähere Ausführungen machte sie aber nicht. Das deutsche Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen machte in der „Bild am Sonntag“ die Position der EZB ganz klar: „Wir können weder die Laufzeiten für griechische Anleihen verlängern noch die Zinsen senken. Beides wäre eine Form von Schuldenerlass und damit eine direkte Finanzierung des griechischen Staates. Das aber ist der EZB rechtlich nicht erlaubt.“
Der griechische Regierungschef Antonis Samaras hatte zuvor in einem Interview gesagt, entsprechende Schritte der EZB wären eine große Hilfe. Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ droht Griechenland seine langfristigen Sanierungsziele zu verfehlen. „Die Griechen laufen auf einen Schuldenstand von 140 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2020 zu“, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Verhandlungskreise. Ursprünglich hatten sich die Regierung in Athen mit der Troika aus Vertretern von Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und EZB darauf geeinigt, den Schuldenstand in den kommenden acht Jahren auf 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu senken.
Die Troika hat das neue Sparprogramm bisher nicht gebilligt. Dies ist die Voraussetzung für die Freigabe einer dringend benötigten Hilfstranche von 31,5 Milliarden Euro. Es geht um Einsparungen im Wert von 14,5 Milliarden Euro. Es sei „kein Selbstläufer“, dass Griechenland im November das Geld erhalte und damit vor der Pleite bewahrt werde, warnte Asmussen. „Meine klare Präferenz ist, dass Griechenland im Euro bleibt. Aber der Schlüssel dafür liegt in Athen.“
Bei Gesprächen mit der Troika mit Finanzminister Ioannis Stournaras ging es zwar voran, aber die endgültige Einigung stand weiter aus. „Es gibt keine politischen Lösungen, nur Verhandlungen mit der Troika“, sagte Finanzminister Stournaras. „Wir machen kommende Woche weiter.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Freitag gesagt, sie stehe mit Samaras in engem Kontakt. Merkel reist an diesem Dienstag erstmals seit Ausbruch der Krise nach Athen. „Ich gehe davon aus, dass die Troika uns einen ehrlichen Bericht geben wird“, sagte sie.
Die Finanzminister der Eurozone werden an diesem Montag in Luxemburg von der Troika zunächst nur einen Zwischenbericht erhalten - wann die endgültige Version vorliegen wird, ist offen. Auch beim EU-Gipfel am 18./19. Oktober werden keine Entscheidungen zu Griechenland erwartet. Nach Ansicht von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso müssen die Regierungschefs der Eurozone noch in diesem Monat „konkrete Entscheidungen“ zur Euro-Rettung treffen. „Wir rüsten die Europäische Währungsunion mit den notwendigen Mitteln zum Erhalt der Gemeinschaftswährung aus“, sagte Barroso am Samstag. Die europäischen Regierungen müssten die Integration in der Eurozone verstärken.
Der Chef des dauerhaften Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, forderte die Krisenländer zu weiteren Reformen auf. „Meine größte Sorge ist, dass einige Krisenländer nicht die politische Kraft haben, den schmerzhaften, aber wirksamen Reformkurs bis zum Ende durchzuhalten. Das wäre eine Katastrophe“, sagte Regling der „Rheinischen Post“ (Samstag). „Unsere Krisenstrategie wirkt. Und zwar besser als weithin wahrgenommen wird.“ Der dauerhafte Rettungsschirm ESM wird an diesem Montag in Luxemburg aus der Taufe gehoben. Der Europäische Stabilitätsmechanismus löst den zeitlich begrenzten Rettungsschirm EFSF ab. Der neue Fonds kann Euro-Ländern Hilfen von bis zu 500 Milliarden Euro geben. Um das Kreditvolumen zu erreichen, wird er auf Dauer mit 700 Milliarden Euro ausgestattet.