Regierung erwartet 2013 Einbruch von 3,8 Prozent. Sechstes Jahr mit Konjunkturrückgang in Folge. Finanzminister trifft Gläubiger.
Athen. Im Kampf gegen eine drohende Staatspleite kann Griechenland nicht auf eine bessere Wirtschaftslage hoffen. Die Regierung in Athen erwartet für das kommende Jahr einen Konjunktureinbruch von 3,8 Prozent, wie aus einem am Montag veröffentlichten Haushaltsentwurf hervorgeht. Es wäre das sechste Jahr mit einem Rückgang in Folge. Experten zufolge ist die Prognose für 2013 auch wegen der schwächelnden Wirtschaft in der Eurozone eher optimistisch. In Ländern der Währungsunion stieg die Arbeitslosigkeit im August auf einen Rekordwert. Die Europäische Union forderte unterdessen Spanien auf, seine Reformen weiter voranzutreiben. Die Bankenbranche des Landes soll im November internationale Hilfen erhalten.
Die griechische Regierung will im Kampf gegen die Schuldenkrise Sparvorhaben vorziehen. Dem Haushaltsentwurf zufolge sind weitere Lohnkürzungen für Staatsbedienstete sowie Einschnitte bei Renten und Sozialleistungen geplant. Die über zwei Jahre verteilten Schritte sind Teil eines Sparplanes mit einem Volumen von 11,5 Milliarden Euro. Dem Haushaltsentwurf zufolge wird für dieses Jahr mit einem Haushaltsdefizit von 6,6 Prozent im Vergleich zur Wirtschaftsleistung gerechnet. Für das kommende Jahr liegt die Prognose bei 4,2 Prozent.
Griechenland kann nur mit internationalen Hilfen eine Pleite vermeiden und hat wiederholt gegen Vereinbarungen mit seinen internationalen Gläubigern verstoßen. Vertreter von Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU trafen sich am Montag erneut mit Vertretern der Regierung. Finanzminister Yannis Stournaras erklärte nach einem Gespräch, die sogenannte Troika verlange weitere Einzelheiten zu den Sparvorhaben.
Zurzeit kämpft Ministerpräsident Antonis Samaras um die Zahlung von 31,5 Milliarden Euro aus dem zweiten Hilfspaket mit einem Volumen von insgesamt 130 Milliarden Euro. Medienberichten zufolge soll das Land trotz neuer Haushaltslöcher und zögerlich umgesetzter Reformen das Geld erhalten, um einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone zu verhindern. Nach Prognose der Regierung werden die Schulden der öffentlichen Hand im kommenden Jahr auf 179,3 Prozent im Vergleich zur Wirtschaftsleistung steigen, obwohl private Gläubiger in diesem Jahr auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichteten. Damit ist Griechenland mit Abstand der am stärksten verschuldete Eurostaat.
Das griechische Parlament soll über den Haushalt Mitte Dezember abstimmen. Experten erwarten, dass Samaras' Koalition genügend Stimmen dafür erhält. Gegen die Sparpolitik gibt es aber immer wieder heftige Proteste. Die Gewerkschaften kündigten am Montag Streiks gegen die Kürzungen noch in diesem Monat an. Samaras hat versprochen, dass die Kürzungen die letzten sein sollen.
Griechenland hat wegen Schuldenkrise und Rezession mit 24,4 Prozent die zweithöchste Arbeitslosenquote in der Eurozone. Nach einer Prognose der Unternehmensberatung Ernst & Young könnte sie sogar auf 27 Prozent steigen. In der Eurozone insgesamt waren im August nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat 18,2 Millionen Menschen ohne Job – so viele wie nie seit dem Start der Währungsunion im Jahr 1999.
Die höchste Erwerbslosenquote gibt es mit 25,1 Prozent in Spanien, dessen Banken noch immer mit dem abrupten Ende eines Immobilienbooms kämpfen. Die Finanzbranche des Landes soll voraussichtlich im November internationale Hilfen bekommen, wie EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montag bei einem Besuch in Madrid ankündigte.
Die spanische Regierung will nach eigenen Angaben um Hilfen in Höhe von etwa 40 Milliarden Euro bitten. Ein in der vergangenen Woche veröffentlichter Belastungstest für die Bankenbranche hatte ergeben, dass die Institute knapp 60 Milliarden Euro zusätzliches Geld bräuchten, um eine größere Wirtschaftskrise zu überstehen.
Investoren reagierten am Montag erleichtert: Die Renditen für zehnjährige spanische Staatsanleihen fielen. Bankaktien waren gefragt. Die Finanzmärkte warten aber weiter auf eine Entscheidung, ob die spanische Regierung einen Hilfsantrag für das Land insgesamt und nicht nur für die Bankenbranche stellt. Nur in diesem Falle will die EZB Staatsanleihen kaufen, um die Zinsen zu senken. Internationale Hilfen wären aber mit Sparauflagen verbunden.
EU-Kommissar Rehn forderte die Regierung am Montag auf, an ihren Reformvorhaben festzuhalten. Am Wochenende war es bei Protesten gegen die Sparpolitik der konservativen Regierung zu Ausschreitungen gekommen.
Mit Sorge warten Anleger unterdessen weiter auf eine Entscheidung der Ratingagentur Moody's über die Bonitätsnote für Spanien. Moody's könnte die Bewertung auf Ramschniveau herabstufen. In diesem Falle sind manche Fonds gezwungen, Schuldtitel zu verkaufen, wodurch die Zinsen wieder steigen könnten.