Wo Spreewald draufsteht, muss auch Spreewald drin sein: Vor zehn Jahren nahm die EU-Kommission die brandenburgischen Gurken und Meerrettiche in den Kreis der Erzeugnisse mit geografischen Ursprungsbezeichnungen auf.

Lübben. Vor zehn Jahren schaffte die Gurke aus dem Spreewald den Durchbruch in Europa. Damals nahm die EU-Kommission Gurken und Meerrettich aus Spreewälder Produktion in den Kreis der Erzeugnisse mit geografischen Ursprungsbezeichnungen auf und entschied: Wo Spreewald drauf steht, muss auch Spreewald drin sein. Seitdem hat sich die Gurkenproduktion in der Gegend um Lübben, Burg, Lübbenau und Straupitz unter dem Schutz des blauen Sternenbanners auf mehr als 40.000 Tonnen pro Jahr verdoppelt. Doch die EU hilft auch mit Fördermitteln aus dem LEADER-Programm zur Entwicklung des ländlichen Raumes in der „Lagunenlandschaft“ südöstlich von Berlin.

„Der europaweite Schutz für die Spreewaldgurke hat sich bewährt, aber dennoch kommt es immer wieder mal vor, dass in Deutschland 'Gurken nach Spreewälder Art' verkauft werden“, moniert Brandenburgs Agrarminister Dietmar Woidke (SPD). „Da helfen nur aufgeklärte Kunden und eine regionale Vermarktung der Spreewaldprodukte.“ Mit dem großen Berliner Markt vor der märkischen Haustür gebe es gute Chancen für einheimische, gentechnikfreie Produkte aus der bekannten Tourismusregion. Um die Vernetzung der regionalen Akteure bemüht sich der Spreewaldverein, zu dem Kommunen, Kammern, Verbände sowie Agrarproduzenten und Verarbeitungsbetriebe gehören.

„Wir haben in der neuen Leader-Förderperiode der EU seit 2007 bisher 114 Anträge bearbeitet, von denen 38 bewilligt wurden“, erzählt Lutz Habermann, Geschäftsführer des in Lübben ansässigen Spreewaldvereins. „Die Anträge umfassen Investitionen von 8,1 Millionen Euro und 5,3 Millionen Euro Fördergelder“. So hilft die EU etwa bei der Modernisierung des Freibades in Luckau und bei der Neugestaltung des Festplatzes in Burg. Fördergelder fließen auch an einen Sportverein in Kolkwitz bei Cottbus und an das Jugendbildungszentrum Blossin.

66 Unternehmen, mehr als 900 Produkte

„Diese Art der kleinteiligen Förderung ist dazu gedacht, das vorhandene Potenzial aufzuwerten“, erläutert Habermann. Mit EU- Mitteln sollen auch die Marktchancen von Spreewaldprodukten besser werden. „In der Region gibt es jetzt 66 Unternehmen, die mehr als 900 Produkte oder Artikel unter der Dachmarke „Spreewald“ auf den Markt bringen“, bemerkt der Vereinschef. So können die Kunden in Deutschland sich nicht nur an Spreewälder Gurken und Meerrettich erfreuen, sondern auch an Erdbeeren aus Vetschau sowie Fleisch- und Wurstwaren aus Turnow und Dürrenhofe.

Im Vergleich zur bekannten Spreewaldgurke fristet der ebenfalls EU-weit geschützte Spreewald-Meerrettich bisher ein Schattendasein. Etwa 50 Tonnen von dem weißen, scharfen Gemüse werden pro Jahr aus der fruchtbaren Erde geholt und in der Konservenfabrik Rabe in Boblitz verarbeitet. „Der Spreewald-Meerrettich ist etwas verdrängt worden, vor allem durch Importe aus Kanada“, berichtet Woidke. Deshalb entwickelten Spreewaldbauern mit Unterstützung des Potsdamer Agrarministeriums das sogenannte Meerrettich-Projekt, das fünf kleine Anbaubetriebe umfasst.

Die Bürgerstiftung Spreewald hilft diesen Firmen bei der Zertifizierung der Produkte. „Das erleichtert den Landwirten die Arbeit erheblich“, sagt der stellvertretende Stiftungschef Michael Petschick. Aber die im Mai 2007 gegründete Stiftung will sich auch um den Erhalt der Kulturlandschaft des Spreewaldes kümmern. Denn viele kleine Agrarbetriebe mussten dort bereits aufgeben. „Die Touristen wollen bei den Kahnfahrten auch Bauern auf den kleinen Feldern sehen und Heuschober auf den Wiesen“, meint Petschick.

Deshalb soll die EU auch bei der Pflege der kleinen Flächen an den Spreewaldfließen anfassen: Mit Hilfe von Geldern aus dem Leader-Programm will die Stiftung ein Vertragsmanagement aufbauen sowie Personal einstellen. Petschick: „Wir müssen selber auf die Füße kommen, denn die Fördermittel des Landes werden immer weniger.“