Aus für Hertie: Die 54 Filialen der Warenhauskette werden geschlossen. 2600 Mitarbeiter in Deutschland sind von der Arbeitslosigkeit bedroht.
Essen. Die Rettungsversuche für die insolvente Essener Warenhauskette Hertie sind gescheitert. Die Gläubigerversammlung folgte am Mittwoch in Essen mit 84,6 Prozent der Empfehlung von Insolvenzverwalter Biner Bähr, die verbliebenen 54 Warenhäuser zu schließen. Da Hertie-Besitzer Dawnay Day nicht zu einer Einigung mit möglichen Investoren bereit sei, gebe es keine andere Lösung mehr, sagte Bähr. Innerhalb von zwei Monaten soll das Traditionsunternehmen nun liquidiert werden. Den verbliebenen rund 2600 Mitarbeitern droht die Arbeitslosigkeit. Auch Hamburg ist betroffen. In der Hansestadt führt Hertie Häuser in Langenhorn, Barmbek und Bramfeld mit rund 260 Mitarbeitern.
Zuvor hatte Bähr auf der Versammlung erneut für eine Zukunft der Warenhauskette geworben. Die ebenfalls insolvente britische Immobiliengruppe Dawnay Day weigerte sich jedoch, auf interessierte Investoren einzugehen und die Mieten für die Warenhäuser zu senken, so der Vorwurf Bährs. Die Warenhäuser sollen jetzt verkauft werden. Dawnay Day hatte Hertie 2005 von Karstadt übernommen.
Alle Verhandlungen mit Investoren seien an der kompromisslosen Haltung der ebenfalls insolventen Dawnay-Day-Gruppe gescheitert, sagte Insolvenzverwalter Bähr. Die Hertie-Besitzer verlangten für die Warenhäuser überzogene Mieten, die teils bei bis zu 25 Prozent des Umsatzes lägen. Dies sei unzumutbar für alle potenziellen Investoren gewesen.
Auch der Vorsitzende des Hertie-Gesamtbetriebsrats, Bernd Horn, griff Dawnay Day an. Soviel Unwillen zu einer konstruktiven Lösung hätten die Hertie-Beschäftigten noch nicht erlebt. Dawnay Day habe Hertie „ausbluten“ lassen, rügte Horn. Er kritisierte auch die Bundesregierung und die Deutsche Bank als wichtigste Gläubigerbank von Hertie. Politik und Banken hätten Hertie „im Stich gelassen“. In den nächsten Tagen seien Proteste der Beschäftigten denkbar.
Ohne finanzkräftige Investoren habe es keinen Sinn, die „Agonie“ bei Hertie um einige Monate zu verlängern, sagte der Dawnay-Day-Anwalt Detlev Stoecker. Man habe 180 Millionen Euro in Hertie investiert. Bähr habe falsche Zahlen präsentiert. Auch die Angaben über überhöhte Mietforderungen seien nicht richtig.
Es werde jetzt zu geordneten Entlassungen kommen, sagte Stoecker nach der Gläubigerversammlung. Er sei aber zuversichtlich, dass bei einem Verkauf der Hertie-Kaufhäuser einige der Beschäftigten bei möglichen neuen Einzelhändlern in den Immobilien arbeiten könnten.
Am Dienstag hatte sich eine Investorengruppe aus den Gesprächen zur Rettung des Unternehmens zurückgezogen. Es gebe bei den Verhandlungen mit Hertie-Besitzer Dawnay Day keine Perspektive, hatte Gruppensprecher Rolf Schuchardt gesagt. Die Bedingungen, zu denen Dawnay Day und die Gläubigerbanken die Hertie-Immobilien überlassen wollten, seien ökonomisch nicht akzeptabel.
Dawnay Day hatte sich mit Immobilien verspekuliert und war 2008 selbst in die Insolvenz gegangen. Seither ist dessen Tochter, die niederländische Mercatoria Acquisitions, für die Verwertung der Hertie-Gebäude zuständig und strebt an, die Häuser einzeln zu verkaufen. Hertie hatte Ende Juli 2008 Insolvenz angemeldet. Im März 2009 war das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im Geschäftsjahr 2007/2008 hatte Hertie einen Verlust von 155 Millionen Euro eingefahren. Ob Hertie noch Geld für einen Sozialplan und Abfindungen hat, ist offen.