Die Finanzkrise im Euroraum und die Konjunkturprognosen lassen Firmen zögerlicher werden. Experten rechnen mit mehr Arbeitslosen.

Nürnberg. Der Jobaufschwung in Deutschland schwächelt. Die Zahl der offenen Stellen ging im Juli auf den niedrigsten Stand seit gut einem Jahr zurück, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Montag in Nürnberg mitteilte. „Angesichts moderater Konjunkturerwartungen zeigen sich die Unternehmen vorsichtiger, was weitere Neueinstellungen angeht“, erläuterte die Bundesbehörde - nicht ohne zu betonen, dass die Nachfrage nach Mitarbeitern nach wie vor hoch sei. Im vergangenen Jahr entstanden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes dank des Booms auf dem Arbeitsmarkt 610 000 zusätzliche reguläre Jobs.

Der von der BA veröffentlichte Stellenindex BA-X war im Juli um zwei Zähler auf 162 Punkte zurückgegangen; zum Jahreswechsel hatte er noch bei 179 gelegen. Doch im Vergleich zum Juli 2011 sei es nur ein Minus von vier Punkten, betonte die BA. Sie wird an diesem Dienstag (31. Juli) bekanntgeben, wie viele Menschen aktuell ohne Job sind.

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Nach Einschätzung von Experten hat sich der leichte Abwärtstrend auf dem deutschen Arbeitsmarkt im Juli weiter fortgesetzt. Gründe dafür seien neben der schwächeren Konjunktur auch die Verunsicherung vieler Unternehmen aufgrund der Euro-Schuldenkrise, berichteten Volkswirte deutscher Großbanken. Dadurch sei die Arbeitslosigkeit etwas stärker gestiegen als sonst zum Ferienbeginn üblich. Den Berechnungen zufolge waren 2,87 Millionen Menschen ohne Job. Das wären rund 65 000 mehr als im Juni, aber knapp 70 000 weniger als vor einem Jahr.

Ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Juli ist nichts Ungewöhnliches. Zum einen beenden viele junge Leute ihre Ausbildung, ohne gleich eine neue Stelle zu finden; zum anderen verschieben viele Unternehmen die Einstellung neuer Mitarbeiter auf das Ende der Werksferien. Aber auch ohne diese jahreszeitlichen Effekte wäre die Zahl der Erwerbslosen im Juli nach Einschätzung der Experten zwischen 5000 und 15 000 gestiegen. Solche Anstiege weisen in der Regel darauf hin, dass derzeit der Einfluss der Konjunktur auf den Arbeitsmarkt abnimmt.

Mittelfristig beurteilen die meisten Bankenvolkswirte die Lage am deutschen Arbeitsmarkt vorsichtig optimistisch: In der aktuell leichten Abschwächung des seit fast drei Jahre dauernden Job-Booms sehen sie lediglich eine „Delle“. Schon am Jahresende könnte der Arbeitsmarkt wieder in Schwung kommen.

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Auch 2011 hatte der Boom für zusätzliche reguläre Jobs gesorgt. Ihre Zahl stieg deutlich schneller als die der „atypischen“ Beschäftigungsverhältnisse, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden berichtete. Demnach hatten 23,7 Millionen Menschen eine sozialversicherungspflichtige Stelle mit mindestens 21 Wochenstunden und waren nicht an ein anderes Unternehmen ausgeliehen. Die Zahl dieser als „normal“ definierten Arbeitsverhältnisse sei im Vergleich zum Vorjahr um 610 000 und damit deutlich stärker gestiegen als die der „atypisch“ Beschäftigten. Diese legten um 80 000 auf den Rekordwert von 7,92 Millionen Menschen zu.

Ebenfalls nach Angaben des Bundesamtes konnten sich die Tarifbeschäftigten in Deutschland zuletzt über steigende Gehälter freuen. Der Abschluss im Öffentlichen Dienst hatte die Entgelte sämtlicher Tarifbeschäftigter im April nach oben getrieben, und zwar um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Deutlich mehr Geld (plus vier Prozent) gab es unter anderem für Dienstleistungsberufe wie Gebäudereiniger sowie für Beschäftigte im Bereich Erziehung und Unterricht. In der Industrie stiegen die Tariflöhne im Jahresvergleich nur um 0,8 Prozent. Allerdings greifen den Angaben zufolge ab Mai die Tariferhöhungen in der Metall- und Chemiebranche.