Bis Ende 2014 sollen die Stellen wegfallen - so sozialverträglich wie möglich. Der Warenhauskonzern hat derzeit 25.000 Mitarbeiter. Die Gewerkschaft ver.di kritisierte die Pläne scharf. Karstadt-Chef Andrew Jennings verteidigt den Abbau.

Essen/Frankfurt. Rund zwei Jahre nach seiner Rettung aus der Insolvenz hat der Warenhauskonzern Karstadt einen deutlichen Stellenabbau angekündigt. Bis Ende 2014 wolle das Unternehmen 2.000 von derzeit fast 25.000 Arbeitsplätzen streichen, teilte Karstadt am Montagabend mit. Karstadt-Chef Andrew Jennings verteidigt den Abbau: „Wir machen das nicht, weil wir das wollen, aber aus geschäftlicher Sicht haben wir keine andere Wahl“, sagte Jennings am Dienstagvormittag vor Hunderten Mitarbeitern der Konzernzentale in Essen. „Gemeinsam können wir das Unternehmen nach vorn bringen“. Er betonte, dass der Abbau so sozial verträglich erfolgen solle wie möglich beispielsweise durch den Wegfall zeitlich befristeter Stellen. Die Rede von Jennings im Eingangsbereich der Zentrale verfolgten mit großer Spannung viele Mitarbeiter, die auf Treppen und Emporen über zwei Etagen standen.

Karstadt hatte am Montagabend mitgeteilt, 2000 der rund 25 000 Stellen abbauen zu wollen. Die Gewerkschaft Verdi kritisierte die Streichungen umgehend als völlig falsches Signal an die Belegschaft und Kunden. Die Beschäftigten hätten durch den Sanierungstarifvertrag bereits erheblich zum Umbau des Warenhauskonzerns beigetragen. Im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagausgabe) verwies der Karstadt-Chef auf darauf, dass der Unternehmensumbau in einem schwierigen Umfeld stattfinde. „Aber wir leiden nicht nur unter

komplexen und ineffizienten Altstrukturen, sondern befinden uns auch im wirtschaftlich schwierigen Umfeld der Eurokrise“, erklärte er.

Die Gewerkschaft ver.di kritisierte die Pläne scharf. „Das ist das falsche Signal an Kunden und Beschäftigte“, sagte Bundesvorstandssprecher Christoph Schmitz der „Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung“. Das Problem von Karstadt seien nicht die Personalkosten, sondern fehlende Investitionen in die Modernisierung der Filialen und die Sortimentsgestaltung.

Höhere Gehälter mit Rückkehr zum Flächentarifvertrag

Jennings kündigte zudem die Rückkehr zum Flächentarifvertrag nach dem Auslaufen des Sanierungstarifvertrags zum 1. September an. Dadurch erhielten die Beschäftigten höhere Gehälter und erstmals seit sechs Jahren wieder Sonderzuwendungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. „Wir sind uns der Opfer bewusst, die unsere Mitarbeiter gebracht haben“, sagte der Karstadt-Chef.

Pläne zur Schließung nicht rentabler Warenhäuser gebe es derzeit nicht, erklärte er. „Alle Häuser liefern gegenwärtig einen positiven Ergebnisbeitrag“, sagte Jennings der „FAZ“. Zu Zahlen äußere sich Karstadt aber nicht. „Was ich sagen kann ist, dass wir gute Fortschritte machen. Wir sind auf dem richtigen Weg“, erklärte er. Karstadt werde weiter in die Modernisierung investieren und bis 2015 insgesamt rund 60 von 83 Häusern neu aufstellen.

Ein Trostpflaster bleibt den Beschäftigten: Wie bereits früher in Aussicht gestellt, kündigte Karstadt die Rückkehr zum Flächentarifvertrag des Einzelhandels zum 1. September an. Damit erhielten die Mitarbeiter 2012 zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder ihr reguläres Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld. Insgesamt ergebe sich für die Beschäftigten eine Entgeltsteigerung um acht Prozent. Mit der 2009 vereinbarten Aussetzung von Teilen des Flächentarifvertrags hatten die Beschäftigten einen Sanierungsbeitrag geleistet.

Jennings zufolge macht die Sanierung Fortschritte: „Nach dem Erfolg unserer bisherigen Restrukturierungsmaßnahmen sind wir heute deutlich näher am Markt“, erklärte der Firmenchef. Die Investitionen in den Umbau des Unternehmens sollten fortgesetzt werden. Unter anderem werde Karstadt drei seiner führenden Warenhäuser – das KaDeWe in Berlin sowie die Standorte Nürnberg und Düsseldorf – im September 2012 neu eröffnen. Nach Neueröffnungen von Sporthäusern in Wiesbaden 2011 und Berlin-Steglitz im März 2012 werde die Expansion von Karstadt Sports gegen Jahresende in Kiel fortgesetzt. Bis September 2012 werde Karstadt die laufende Renovierung von fünf weiteren Warenhäusern abschließen. Karstadt hat darüber mit seinen Lieferanten den Bezug von über 50 neuen Marken vereinbart, darunter viele exklusiv.

Betriebsrat überrascht über Stellenabbau-Pläne

Die Arbeitnehmervertreter des Kaufhauskonzerns Karstadt sind von dem geplanten Stellenabbau überrascht worden. Vor der am Montagabend versandten Pressemitteilung habe er nichts von den Plänen der Konzernleitung gewusst, sagte der Betriebsratsvorsitzende der Hauptverwaltung in Essen, Arno Leder, am Dienstag. Die Arbeitnehmer seien vom Vorsitzenden der Geschäftsführung, Andrew Jennings, erst am Dienstagmorgen offiziell über geplanten Abbau von 2.000 Stellen informiert worden.

Ob es betriebsbedingte Kündigungen gibt, ist noch offen. Jennings habe deutlich gemacht, dass diese „nicht geplant und nicht gewollt“ seien, sagte Leder. Ausgeschlossen habe er sie aber nicht. In der kommenden Woche will der Betriebsrat die Belegschaft zu einer Betriebsversammlung einladen. Ort und Zeit sind aber noch unklar.

Die Warenhauskette Karstadt in sieben Daten

– Die heutige Warenhauskette Karstadt wurde vor mehr als 130 Jahren von Rudolf Karstadt in Wismar gegründet

– Derzeit beschäftigt das Einzelhandelsunternehmen rund 25.000 Mitarbeiter

– Mehr als 1,5 Millionen Kunden besuchen pro Tag die Filialen des Unternehmens

– Karstadt betreibt insgesamt 117 Filialen, sowie einen Online-Shop

– Davon sind 86 Warenhäuser, 27 Sporthäuser und drei Premiumhäuser

– Hinzu kommt der sogenannte K-Town-Store in Göttingen, der sich an junge Kunden richtet

– Im September soll noch ein weiterer K-Town-Store in Köln und bis Ende des Jahres ein Sportgeschäft in Kiel eröffnet werden

(dapd/rtr)