Finanzaufsicht BaFin prüft wegen der Affäre um Zinsmanipulationen durch Banken acht deutsche Institute, Referenzzins Euribor im Fokus.

Frankfurt/Main. Im Zusammenhang mit dem Skandal um die Manipulation von Zinssätzen nimmt die Finanzaufsicht BaFin Regulierungskreisen zufolge derzeit mehrere deutsche Banken unter die Lupe. Überprüft werde vor allem, ob die Institute ausreichende Vorkehrungen getroffen hätten, um derartige Zinsbetrügereien zu verhindern, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen am Donnerstag. Im Fokus steht dabei der europäische Referenzzins Euribor, der auf den Daten von 43 Banken basiert, darunter acht deutschen Geldhäusern.

„Die BaFin hat keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass deutsche Banken versucht haben, den Euribor zu manipulieren“, sagte eine der informierten Personen. Die Prüfung, die noch nicht einmal zur Hälfte durch sei, beziehe sich auf die Organisationsstrukturen der Häuser. Man könne davon ausgehen, dass die BaFin alle acht Institute unter die Lupe nehme. Hierzulande sind an der Festlegung des einmal täglich ermittelten Satzes Deutsche Bank, Commerzbank, DZ Bank, LBBW, BayernLB, Helaba, NordLB und Landesbank Berlin beteiligt. Die Behörde und die Banken äußerten sich nicht dazu.

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Ähnlich wie der Londoner Interbankenzins Libor, der derzeit im Zentrum des Manipulationsskandals steht, beruht der Euribor auf den Angaben der Banken zu ihren Refinanzierungskosten. Sie melden einmal täglich die Zinsen, zu denen sie sich von anderen Banken Geld leihen können. Auf dieser Basis wird dann der Euribor-Referenzzins ermittelt, an dem sich die Preise für viele Finanzprodukte wie Hypotheken oder Tagesgeld orientieren. Der Libor ist zwar der weltweit bedeutendere Satz, in Europa jedoch spielt der Euribor für einige Produkte eine wichtigere Rolle.

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Die EU-Kommission hatte vergangenes Jahr Untersuchungen gegen zahlreiche europäische Großbanken wegen mutmaßlicher Manipulation des Euribor eingeleitet. Diese laufe unabhängig von der BaFin-Prüfung, sagte ein Insider. Daneben gibt es weltweit Ermittlungen der Aufsichtsbehörden wegen ähnlicher Verzerrungen beim Libor. Die britische Großbank Barclays hat als erstes Geldhaus eine Beteiligung an dem Libor-Manipulationsskandal eingeräumt. Sie wurde zu einer Strafe von fast einer halben Milliarde Dollar verdonnert. Daraufhin mussten Bankchef Bob Diamond und andere Top-Manager ihren Hut nehmen.

In Deutschland konzentrieren sich die Libor-Ermittlungen auf die Deutsche Bank, da sie neben der mittlerweile vom Markt verschwundenen WestLB als einziges deutsches Institut an der Festsetzung dieses Satzes beteiligt ist. Bei dem Institut läuft deswegen auch eine Sonderprüfung durch die BaFin. Das größte deutsche Geldhaus hat Finanzkreisen zufolge im vergangenen Jahr nach internen Untersuchungen zwei Händler beurlaubt. Seither habe es keine weiteren Suspendierungen mehr gegeben.

Den Banken wird vorgeworfen, in der Finanzkrise durch die bewusste Angabe zu niedriger Zinsen die Referenzzinssätze nach unten verzerrt zu haben. Dadurch hätten sie ihre wahren Refinanzierungskosten verschleiert und in einigen Handelsgeschäften satte Gewinne gemacht. Da der Euribor auf den Angaben von mehr als doppelt sovielen Banken beruht wie der Libor, sind die Manipulationsmöglichkeiten hier geringer. „Wenn es hier ein oder zwei schwarze Schafe gab, hat das den Zins weniger stark verzerrt als beim Libor“, sagt ein Banker. Dennoch hat durch den Skandal das Vertrauen der Marktteilnehmer in diese wichtigen Zinssätze stark gelitten. Eine Reform des Systems gilt daher als wahrscheinlich. Auf dem Libor beruhen Finanztransaktionen im Volumen von 360 Billionen Dollar.