Für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ist eine Vertiefung der europäischen Integration die einzige Lösung, um die Finanzkrise zu überwinden.

Hamburg. Die Antwort auf die Finanzkrise muss nach Ansicht von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann eine verstärkte europäische Integration sein. „Die Notwendigkeit strengerer Gemeinschaftsregeln im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik ist offensichtlich“, sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann bei einer Konferenz der Wochenzeitung „Die Zeit“ am Freitag in Hamburg.

„Wir werden daher nicht darum herumkommen, die Machtbalance zwischen Nationalstaaten und der europäischen Gemeinschaftsebene zugunsten letzterer zu verschieben und in die Verfassungen der Mitgliedsstaaten einzugreifen.“ Dabei gehe es jedoch nicht darum, die Nationalstaaten zu überwinden und einen europäischen Bundesstaat zu schaffen. „Europa ist nicht Amerika“, sagte Ackermann.

+++ Angela Merkel lehnt Euro-Bonds weiterhin ab +++

Die Staatsschulden seien in vielen Ländern schon vor der Finanzkrise eindeutig zu hoch gewesen, sagte der Chef der Deutschen Bank weiter. Die Banken sollten sich selbstkritisch die Frage stellen, warum es den Krisenländern so lange möglich war, sich immer weiter und so hoch zu verschulden. „Fehlanreize durch falsche Regulierung haben hierbei ebenso eine Rolle gespielt wie mangelhaftes Risikomanagement in Banken und grundlegende Funktionsmängel der Finanzmärkte wie etwa Herdenverhalten.“ Nun könnten sich viele Banken am Markt nicht mehr refinanzieren, nachdem sie durch notwendige Abschreibungen auf Staatsanleihen in die Verlustzone geraten seien. Das erschwere die Finanzierung für Staaten, Unternehmen und Privathaushalte und beschwöre zusätzliche Risiken für die Konjunktur herauf.

Deutschland steht nach Einschätzung von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) wegen seines Managements in der Euro Schuldenkrise zunehmend allein da. „Merkel hat Deutschland mit ihrer Politik in Europa isoliert“, sagte Schmidt auf dem Wirtschaftsforum. Er verglich das Auftreten der Bundesregierung mit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. „Es ist noch nie gut ausgegangen, Deutschland in Europa zu isolieren“, sagte Schmidt.

Der Altkanzler befürchtet eine starke Inflation, wenn es nicht zur Auflage gemeinsamer Staatsanleihen, sogenannter Eurobonds, komme: „Entweder man verschuldet sich gemeinsam oder man zwingt die Europäische Zentralbank, die faulen Anleihen aufzukaufen. Dann kommt es ganz schnell zu Inflation.“ Daher müsse der gemeinsame Währungsraum durch einen gemeinsamen Raum der Finanzpolitik untermauert werden. Keinesfalls dürfe Europa weiter auseinanderdriften. Auch Schuldnern wie Griechenland müsse ihre Souveränität im staatlichen Handeln zunächst gelassen werden.

Der frühere CDU-Politiker Friedrich Merz, der als Vorsitzender des deutsch-amerikanischen Vereins Atlantik-Brücke bei der Konferenz sprach, sieht in der Schuldenkrise neue Chancen für Europa und Amerika. „Das ist ein heilsamer Schock“, sagte er. Die Staaten und Gesellschaften hätten auf beiden Seiten des Atlantiks drei Jahrzehnte über ihre Verhältnisse gelebt und müssten nun erkennen, dass auch Staaten sich nicht unbegrenzt refinanzieren könnten. Deutschland habe Erfahrungen mit der sozialen Marktwirtschaft gesammelt, die es wert seien, auch auf andere Staaten übertragen zu werden. Dazu zählten die Notwendigkeit einer starken Industrie und verantwortungsvolle Tarifpartner. Deutschland trage wegen seiner Lage in der Mitte Europas eine besondere Verantwortung, ob es wolle oder nicht. (dpa/dapd/abendblatt.de)