Der Branchenriese Maersk fährt Verluste ein. Zu viele große Containerschiffe sind auf den Weltmeeren unterwegs. Auswirkungen auf Hamburg.
Hamburg. Die führende Container-Linienreederei Maersk kommt 2011 aus den roten Zahlen nicht heraus. Das dänische Unternehmen, Teil des Konzerns A.P. Möller-Maersk, meldete gestern für das dritte Quartal einen Verlust von 297 Millionen Dollar. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte Maersk mit seinen Containerdiensten hingegen noch einen Gewinn von rund einer Milliarde Dollar eingefahren.
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Zwar konnte Maersk die Zahl der transportierten Container im Vergleich der beiden Quartale um 16 Prozent steigern. Doch die Transportpreise, die sogenannten Frachtraten, verfielen deutlich. "In der Containerschifffahrt erwarten wir nun einen Verlust für das Gesamtjahr, als Konsequenz aus den niedrigeren Frachtraten speziell in den Diensten zwischen Asien und Europa", hieß es gestern in einer Erklärung aus der Kopenhagener Zentrale.
Die Frachtraten auf der für die Branche besonders wichtigen Route von China nach Nordeuropa sind seit Jahresbeginn deutlich gefallen, berichtet der Branchendienst Alphaliner. Der Spotmarktpreis für die kurzfristige Verschiffung eines 20-Fuß-Standardcontainers (TEU) von Shanghai nach Nordeuropa lag demnach Ende Oktober bei 649 Dollar um mehr als die Hälfte unter dem Wert vom Januar. Um rund ein Viertel verfielen seit Anfang 2011 die Raten im transpazifischen Handel von Shanghai an die Westküste der Vereinigten Staaten. Dort lag der Spotmarktpreis für einen 20-Fuß-Container Ende Oktober bei noch 1494 Dollar.
Der Druck auf die Raten hat zwei wesentliche Gründe. Zum einen drängt nach wie vor viel neue Schiffskapazität an den Markt, vor allem in der oberen Größenklasse mit einer Transportkapazität von 10 000 TEU und mehr. Der weltweite Auftragsbestand für den Bau von Containerschiffen bis zum Jahr 2015 hat laut Alphaliner derzeit einen Umfang von rund 57 Milliarden Dollar. Seit dem Höhepunkt der Weltfinanzmarktkrise im September 2008 - damals brach die US-Investmentbank Lehman Brothers zusammen - sei das Auftragsvolumen noch einmal um rund 27 Milliarden Dollar gewachsen. Das führt insbesondere bei den sehr großen Schiffen zu Überkapazitäten. Da diese Schiffe aber besonders wirtschaftlich fahren - sofern sie ausgelastet sind -, findet zwischen den Größenklassen ein Verdrängungswettbewerb nach unten hin statt. Zunehmend werden kleinere durch größere Schiffe ersetzt, nicht nur im interkontinentalen Handel, sondern auch auf den Zubringerlinien etwa von Hamburg oder Rotterdam in die Ostsee hinein und retour.
Vor diesem Hintergrund liefern sich die beiden führenden Container-Linienreedereien Maersk und MSC aus der Schweiz seit mehr als einem Jahr einen erbitterten Preiskampf. Diese Konkurrenz hatte die Schifffahrtsbranche schon in früheren Jahren erschüttert. Vorangetrieben wird sie vor allem von MSC und dessen italienischem Gründer und Chef Gianluigi Aponte. Der frühere Kapitän und Selfmade-Reeder strebt mit Macht an die Weltspitze der Containerschiffslinien. Auch eine Kreuzfahrtreederei gehört zu seinem Konzern. "Aponte will um jeden Preis Nummer eins werden", sagt ein ranghoher Hamburger Schifffahrtsmanager, "und Maersk lässt sich diese Attacken nicht gefallen. Darunter leidet die gesamte Branche." In rasantem Tempo schloss MSC in den vergangenen Jahren zu Weltmarktführer Maersk auf. Rund 475 Schiffe fahren für die Reederei, weitere 49 sind im Bau, vor allem Großfrachter mit mehr als 10 000 TEU Kapazität.
Zur Maersk-Flotte zählen derzeit mehr als 500 Containerschiffe. Zu Beginn des Jahres hatte der dänische Schifffahrtskonzern angekündigt, in eine neue Größenklasse vorzudringen. Bislang bestellte Maersk 20 Schiffe mit einer Kapazität von jeweils 18 000 TEU, für 20 weitere gibt es Optionen. Von 2013 an sollen die Riesen zu einem Stückpreis von je rund 200 Millionen Dollar in Fahrt gebracht werden. Bereits seit Jahren halten Maersk-Containerschiffe mit 15 000 TEU Kapazität den Weltrekord innerhalb dieses Schifffahrtssegments. Nun will die Reederei, die für ihre "Politik des großen Schiffes" seit langer Zeit bekannt ist, erneut die Maßstäbe verschieben.
Auch Deutschlands führende Container-Linienreederei Hapag-Lloyd wird vom Kampf der Branchengrößen beeinflusst. Derzeit steht das Hamburger Traditionsunternehmen auf Rang fünf der Linienreedereien. Im zweiten Quartal hatte Hapag-Lloyd als einzige der großen Containerlinien einen operativen Gewinn eingefahren. Allerdings steht für das erste Halbjahr unter dem Strich ein Verlust von rund elf Millionen Euro. Wichtig ist die aktuelle Entwicklung bei Hapag-Lloyd auch vor dem Hintergrund, dass der Touristikkonzern TUI aus Hannover seinen Anteil von rund 38 Prozent an der Hamburger Reederei im kommenden Jahr verkaufen will - möglichst teuer.