Der Ex-BayernLB-Manager Gerhard Gribkowsky soll 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld von Formel 1-Chef Ecclestone kassiert haben.

München. Einer der größten deutschen Schmiergeldprozesse hat am Montag vor dem Landgericht München begonnen. Die Anklage wirft dem ehemaligen Bayerischen-Landesbank-Vorstand Gerhard Gribkowsky vor, von Formel-1-Chef Bernard Ecclestone 44 Millionen Dollar Schmiergeld für sich persönlich kassiert zu haben. Gribkowskys Verteidiger Rainer Brüssow beklagte eine „Hetzjagd“ von Staatsanwaltschaft und Öffentlichkeit und sagten, die Anklage werde im Verlauf des Prozesses „in sich zerfallen“.

Der Banker selbst hingegen hat sich seinen Stil bewahrt: Dunkler Anzug mit Weste, Krawatte, Einstecktuch. Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht München erschien Gribkowsky wie zu einer Vorstandssitzung. Nach fast zehn Monaten in Untersuchungshaft gab er sich vor Gericht gut gelaunt und ließ sich auch von der Anklage nicht aus der Ruhe bringen. Mit einem leicht belustigten Blick hörte er zu, was sie ihm vorwirft: 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld soll „Dr. Gri“, wie er in den Unterlagen heißt, von Bernie Ecclestone, dem Chef der Formel 1, angenommen haben.

Damit hat er sich aus Sicht der Staatsanwaltschaft der Untreue und Bestechlichkeit schuldig gemacht. Ob sich der Angeklagte dazu äußern möchte, fragte der Richter. „Nein danke“, sagte Gribkowsky. Mehr als 40 Zeugen müssen deshalb in dem Mammutprozess aussagen, darunter auch Ecclestone selbst. Schlimmstenfalls drohen Gribkowsky nach Angaben einer Sprecherin bis zu 15 Jahre Haft, falls er verurteilt wird. Soweit wird es nach Einschätzung seiner Anwälte aber nicht kommen. Sie gehen davon aus, dass die Anklage in sich zusammenfällt und Gribkowsky das Gericht als freier Mann verlassen wird.

Sein altes Leben in Freiheit ging für Gribkowsky am 5. Januar 2011 zu Ende. Damals stand die Staatsanwaltschaft vor der Tür seiner Villa im Münchner Nobelvorort Grünwald und brachte ihn in die Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim. Zum Verhängnis geworden war dem Manager mit einem Jahresgehalt von mehr als einer halben Million Euro ein ganz großer Deal, für den er als Vorstand bei der BayernLB verantwortlich war: Er sollte die Anteile an der Formel 1, die der Bank als Sicherheit für einen Kredit der insolventen Kirch-Gruppe geblieben waren, zu Geld machen.

+++ BayernLB sichert sich Zugriff auf Gribkowskys Vermögen +++
+++ Ecclestone gibt Zahlungen zu +++

Ecclestone war heilfroh darüber, die Banken endlich loszuwerden, die aus seiner Sicht keine Ahnung von dem Rennzirkus hatten. „Die Banken hatten, ganz anders als Ecclestone, keine Erfahrungen mit dem Formel 1-Sport“, sagte Staatsanwalt Martin Bauer. Ihr Engagement dort sei keine strategische Entscheidung gewesen, sondern Folge der Kirch-Insolvenz. „Dies wurde von Ecclestone als Bedrohung der Formel 1 und somit seines Lebenswerks gesehen.“ Als Käufer für die Anteile wünschte er sich den britischen Investor CVC, der ihn als Chef akzeptierte. Gribkowsky sollte laut Anklage dafür sorgen, dass der Verkauf gelang und dafür mit 44 Millionen Dollar bei Laune gehalten werden.

Gribkowsky verkaufte die Anteile schließlich für rund 840 Millionen Dollar an CVC. Dieser Preis war aus Sicht der Anklage zwar in Ordnung und nicht zu niedrig angesetzt. Zusätzlich musste die BayernLB aber auch noch eine Provision an Ecclestone von 41,5 Millionen Dollar und weitere 25 Millionen an dessen Familienstiftung zahlen – und das wäre nach Ansicht von Staatsanwalt Bauer ohne die angebliche Kungelei zwischen Gribkowsky und Ecclestone nicht nötig gewesen. Macht für Bauer unter dem Strich einen Schaden von 66,5 Millionen Dollar für die BayernLB. Als der Staatsanwalt die Summen auflistete, setzte Gribkowsky seine Brille auf und las in seinen Unterlagen mit. Die Sprache der Juristen ist ihm bestens vertraut: Er ist promovierter Rechtswissenschaftler, hat sich aber nach dem Studium für eine Karriere entschieden, die mehr Geld und Glamour versprach als die im Gerichtsgebäude. Erst arbeitete er sich bei der Deutschen Bank weit hoch und wechselte dann 2003 in den Vorstand der BayernLB.

Dort können sich immer noch viele Mitarbeiter an den großen, selbstbewussten Dr. Gribkowsky erinnern. Viele sind angesichts der Anklagevorwürfe fassungslos. „Jeder in der Belegschaft fragt sich, wofür Herr Gribkowsky die Millionen bekommen hat“, sagt der Vorsitzende des BayernLB-Personalrats, Ralf Haase. Alle Mitarbeiter der gebeutelten Bank arbeiteten daran, das Ansehen des Instituts in der Öffentlichkeit wieder herzustellen. „Auch wenn dies leider durch Altlasten wie den Gribkowsky-Prozess erschwert wird.“

(abendblattde/dpa/dapd)