Troika führt Telefonkonferenz über die Zukunft Griechenlands. Athen zeigt sich gewillt weiter zu sparen. 15-Punkte-Sparplan kursiert.

Athen. Griechenland bangt um seine Zukunft. Wird die erhoffte nächste Kredittranche ausgezahlt? Kommt es zur Pleite? Wie es mit dem überschuldeten Land weitergeht ist derzeit noch völlig offen. Aber eine erste Entscheidung könnte in diesen Minuten fallen. Derzeit führt die sogenannte Troika, also Vertreter von IWF, EZB und EU-Kommission, eine Telefonkonferenz mit wichtigen Regierungsvertretern aus Athen. Der Ausgang könnte entscheidend für die Auszahlung weiterer Gelder sein. Schon im Vorfeld ermahnte der IWF das klamme Land eindringlich, die Auflagen für die Milliardenhilfen zu erfüllen. „Der Ball liegt im giechischen Feld. Die Umsetzung ist entscheidend“, forderte etwa ein IWF-Inspekteur. In der Konferenz will Finanzminister Evangelos Venizelos mit den Experten den Sparplan Punkt für Punkt durchgehen. Bundesbankpräsident Jens Weidmann will derweil den Druck aufrechterhalten und eine Staatspleite nicht von vornherein ausschließen.

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Die Märkte reagieren immer nervöser: Viele Anleger kehrten dem Euro den Rücken. Gleichzeitig nahmen die Spekulationen auf einen Zahlungsausfall Griechenlands und anderer hoch verschuldeter Staaten wieder zu. Griechenland müsse zusätzliche Schritte einleiten, um sein Defizit auf ein nachhaltiges Niveau zu senken, forderte IWF-Vertreter Bob Traa. Die griechische Regierung hat den Ernst der Lage offenbar erkannt: „Wenn wir einen Zahlungsausfall vermeiden, die Situation stabilisieren und in der Eurozone bleiben wollen, müssen wir umfassende strategische Entscheidungen treffen,“ sagte Venizelos nach einer Kabinettssitzung. Wegen der zugespitzten Lage hatte Ministerpräsident Giorgos Papandreou am Samstag seine USA-Reise in letzer Minute abgesagt. Venizelos kündigte noch heute weitere Einschnitte und Einsparungen an. In einem Fernsehinterview betonte der griechische Finanzminister besonders im Staatssektor künftig härter durchzugreifen. So sollen einige Unternehmen, die von staatlichen Subventionen abhängen, bis zum Ende des Jahres geschlossen werden. Ausserdem will er die Staatsausgaben weiter verringern und künftig auch Steuerhinterziehung erfassen. „Die Zeit drängt. Wir müssen in wenigen Wochen Reformen durchführen, die wir Jahrzehnte lang nicht gemacht haben“, sagte Venizelos.

Der 15-Punkte-Sparplan

Nach Medienberichten legte die Troika der Regierung in Athen eine Liste von 15 Sparmaßnahmen vor, die schneller umgesetzt werden müssen. Demnach sollten die Griechen beginnen, Mitarbeiter im Staatsdienst zu entlassen, Staatsgehälter und Pensionen zu kürzen oder einzufrieren, Heizölsteuern zu erhöhen, verlustbringende staatliche Organisationen zu schließen, die Gesundheitsausgaben zu senken und Privatisierungen zu beschleunigen. Aus Athener Regierungskreisen verlautete, die Troika erwarte, dass die griechische Immobiliensteuer nur eine Milliarde Euro einbringen werde, anstatt der angepeilten zwei Milliarden Euro. Zudem verlangten die drei Geldgeber von Griechenland kräftige Ausgabenkürzungen für 2012. Über zusätzliche Haushaltsmaßnahmen für dieses Jahr werde nach der Telefonkonferenz am Abend entschieden.

Die EU-Kommission betonte unterdessen, es seien keine zusätzlichen Sparanstrengungen über das bisher Vereinbarte hinaus vonnöten. „Wir verlangen nicht mehr als das, was bereits im Reformprogramm für Griechenland vereinbart wurde.“ Bundesbankpräsident Weidmann warnte eindringlich vor einem Aufweichen des Reformdrucks auf Griechenland. Das EZB-Ratsmitglied sagte im Bundestags-Haushaltsausschuss, wenn das Land sein Anpassungsprogramm nicht umsetze, entfalle auch die Grundlage für weitere Hilfszahlungen seiner Euro-Partner und des IWF. Dieser Zusammenhang sei auch wichtig mit Blick auf andere Länder, die eine solide Finanzpolitik umsetzen müssten. „Die Bundesbank spricht sich grundsätzlich für eine disziplinierende Wirkung des Finanzmarktes aus“, sagte Weidmann. Grundsätzlich gelte, dass bei Nichterfüllen der Auflagen eine „staatliche Zahlungsunfähigkeit mit entsprechenden Folgen für den jeweiligen Staat und die privaten Gläubiger nicht ausgeschlossen wird“.

Erste Umsetzungen gibt es schon

Erste Maßnahmen sind schon in die Wege geleitet: So berichten griechische Medien, dass in den nächsten Monaten mehr als 100 000 Staatsbedienstete entlassen werden sollen. Eine weitere, zentrale Maßnahme soll die bereits angekündigte Immobilien-Sondersteuer sein. Demnach soll jeder Grieche, der eine Wohnung oder ein Haus besitzt, in diesem und im kommenden Jahr eine Abgabe zwischen 50 Cent und 16 Euro pro Quadratmeter zahlen – je nach Wert der Immobilie. Im Land wird diese Reform heftig kritisiert: "Es nützt nichts, wenn einige Gewerkschafter, Journalisten und Politiker diese Maßnahme als ungerecht werten und im Voraus sagten, sie werde scheitern. Das hören unsere Gläubiger und dann glauben sie uns nicht, dass wir es schaffen", sagte Venizelos

Venizelos betont weiterhin alles tun, um die Schuldenkrise zu überwinden. Das Land müsse sich enorm anstrengen und alle im Haushalt vorgesehenen Ziele erreichen, wolle es weiter Euroland bleiben, sagte der Finanzchef schon am Sonntag nach einer fünfstündigen Dringlichkeitssitzung des Ministerrats. Ministerpräsident Giorgos Papandreou leitete das Treffen in Athen. Papandreou hatte am Wochenende seine Reise in die USA abgebrochen und war nach Athen geeilt. (dpa/dapd/Reuters)