Im Fokus der Überprüfung steht der anhaltende Nachholbedarf der Bank im Risikomanagement und bei der Kontrolle spekulativer Geschäfte.

London/Berlin. Der Schweizer Großbank UBS droht die Abstufung ihrer Bonität. Nachdem gestern bekannt wurde, dass ein Händler zwei Milliarden Dollar verzockte, droht die Ratingagentur Moody’s die Benotung der Kreditwürdigkeit der Bank nochmals zu überprüfen. Eine Abstufung trifft Banken, die wie die UBS am internationalen Kapitalmarkt aktiv sind, besonders hart, weil es für sie dann teurer wird, sich zu refinanzieren. Im Fokus der Überprüfung steht Moody’s zufolge der anhaltende Nachholbedarf der größten Schweizer Bank im Risikomanagement und bei der Kontrolle spekulativer Geschäfte. Hier sei die Bank schon seit längerem schwach aufgestellt. Der am Donnerstag bekanntgegebene Verlust in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar aus unerlaubten Geschäften eines einzigen Händlers habe dies deutlich aufgezeigt.

Die Bank habe zwar seit der Finanzkrise einige Fortschritte in diesem Bereich gemacht, sei hier aber immer noch deutlich hinter der Konkurrenz. Derzeit wird die Bonität der UBS noch mit der Note „Aa3“ und die Finanzkraft der Bank mit der Einstufung „C/A3“ bewertet. Eine Abstufung um mehr als eine Stufe sei unwahrscheinlich, hieß es in der Mitteilung. Die Deutsche Bank hat im Langfrist-Rating beispielsweise nach eigenen Angaben ebenfalls „Aa3“. Die Einstufung der Bonität ist für Banken von besonderer Bedeutung, da sie ein mitentscheidender Faktor bei der für die Geldhäuser wichtigen Refinanzierung ist. Gerade erst in dieser Woche sorgte die Abstufung der französischen Banken Crédit Agricole und Société Générale für heftige Kursverluste bei den Aktien.

Er ist der Milliarden-Bankster: Kweku Adoboli

Bis zuletzt ist Kweku Adoboli ein eher unscheinbarer Banker mit einem eleganten Appartement in der Nähe des Londoner Finanzdistrikts gewesen. Nachdem die schweizerische UBS am Donnerstag einen Milliardenverlust durch unautorisierte Geschäfte bekanntgab, bestätigte die britische Polizei die Festnahme Adobolis als Verdächtigen. Unverhofft gelangte der junge Banker damit zu medialer Berühmtheit. Wenige Stunden nach der Veröffentlichung seines Namens war in der Online-Enzyklopädie Wikipedia ein Lexikon-Artikel über ihn zu lesen. Eine Google-Suche nach dem 31-Jährigen ergab mehrere Tausend Treffer. Das Foto seines Profils im sozialen Netzwerk Facebook wurde von zahllosen Online-Portalen kopiert und weiterverbreitet.

Die Nachrichtenseite „Business Insider“ veröffentlichte einen Screenshot von Adobolis Profil auf der Online-Plattform LinkedIn. Demnach studierte der Banker an der Universität von Nottingham und arbeitete bei der UBS Investment Bank im Bereich „European Equity Trading“. Britische Zeitungen wie der „Telegraph“ ließen ihre Reporter ausschwärmen und trieben unter anderem einen ehemaligen Vermieter auf. Zweieinhalb Jahre habe Adoboli in einer seiner Wohnungen im östlichen Stadtteil Shoreditch gelebt, sagte der 42-jährige Philip Octave den Journalisten.

Die Monatsmiete für das Appartement soll bei stolzen 4.000 Pfund (4.600 Euro) gelegen haben. Vor vier Monaten zog der Banker den Angaben zufolge aus. Er habe nie irgendwelche Probleme gemacht, wenngleich er nicht der Ordentlichste gewesen sei, zitiert der „Telegraph“ den Vermieter. Das Profil-Foto Adobolis auf Facebook zeigt einen dunkelhäutigen Mann in weißem Hemd, der sich mit halb geschlossenen Augen in einem Sofa zurücklehnt. Theoretisch kann es sich auf dem Bild auch um jede x-beliebige andere Person handeln. Britische Medien nehmen es jedoch als gegeben, dass er es tatsächlich ist. Als Indiz dafür wird auch gewertet, dass mehrere weitere Mitarbeiter der UBS in seiner „Freundesliste“ auftauchen.

Die übrigen Angaben auf dem Facebook-Profil sind alltäglich und harmlos. So hört er offenbar gern die Musik des nigerianischen Künstlers Fela Kuti und interessiert sich ansonsten etwa für die Arbeiten verschiedener Fotografen und für argentinische Weine. Kenner der Finanzbranche verwiesen am Donnerstag sofort auf die Ähnlichkeiten mit dem Fall Jérôme Kerviel – dem Banker, der 2008 bei der französischen Société Générale mit nicht genehmigten Transaktionen einen Milliardenverlust verursachte. Auch Kerviel war damals Anfang 30 und konnte sich nach wenigen Jahren in seinem Unternehmen Zugriff auf riesige Geldsummen verschaffen.

Kerviel wurde wegen Fälschung, Vertrauensbruch und unberechtigter Computernutzung zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ein wesentlicher Unterschied besteht zwischen den beiden Fällen allerdings doch: Adoboli wird bisher nur eines Vergehens verdächtigt. Der Händler-Skandal trifft die UBS zur denkbar ungünstigsten Zeit, da sie sich gerade erst von ihrem Fast-Zusammenbruch in der Finanzkrise etwas erholt hatte. Die Schweizer Großbank, an deren Verwaltungsratsspitze ab 2013 Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber stehen soll, ist in der Finanzkrise durch schwere Zeiten gegangen. Sie häufte in den Jahren 2007 und 2008 knapp 28 Milliarden Franken an Verlusten an und musste vom Staat gerettet werden

(dapd)