Das „Samsung Galaxy Tab 10.1“ darf künftig nicht weiter in Deutschland verkauft werden. Wegen zu großer Ähnlichkeiten mit dem iPad.

Düsseldorf/Amsterdam. Einen vergeblichen Versuch strengte Samsung noch an: Kürzlich erst wies der Konzern auf Computerdesigns im Science-Fiction Klassiker 2001 als Ursprungsidee für heutige Tablets und Smartphones hin . Also: Apple hat entsprechend kein alleiniges Recht auf die Nutzung dieser Erscheinungsform. Der Versuch scheiterte. Das Gericht sah die Sachlage doch etwas anders. Und bestätigte die Einstweilige Verfügung von einem niederländischen Gericht, dass Samsung Einfuhr und Verkauf der Samsung-Smartphones Galaxy S, SII und Ace untersagt. Das Düsseldorfer Landgericht bestätigte heute nun auch noch zusätzlich das Verkaufsverbot für die Tablets des iPad-Rivalen. Das Landgericht lehnte am Freitag den Widerspruch des koreanischen Konzerns gegen das im August verhängte Vertriebsverbot ab. Die Vorsitzende Richterin Johanna Brückner-Hoffmann sagte, bei der Gestaltung des iPad-Konkurrenten habe Samsung Geschmacksmuster-Rechte der Kalifornier verletzt. Zwar gebe es in der Gestaltung der flachen Tablet-Computer Unterschiede im Detail, der Gesamteindruck stimme aber überein.

Die Entscheidung bereitet Samsung erhebliche Probleme, denn über die Niederlande läuft die Einfuhr der Geräte nach Europa. Der Stopp tritt in sieben Wochen am 13. Oktober in Kraft. Das Düsseldorfer Gericht hatte zunächst auf Antrag des kalifornischen Unternehmens den Verkauf des Tablet-PCs, der als gefährlichster Herausforderer des iPad gilt, europaweit untersagt. Später hatten die Richter die Verbotsverfügung aber auf Deutschland beschränkt.

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In dem Düsseldorfer Verfahren standen im Gegensatz zu der Verhandlung in Den Haag nur sogenannte Geschmacksmuster im Mittelpunkt, also das Design und die äußerliche Gestaltung des Tablet Computers. In den Niederlanden spielten auch Ansprüche aus Apple-Patenten eine Rolle. Apple erklärte in der Düsseldorfer Klageschrift, Samsung nutze den Ruf des iPad aus, bei dem es sich „um ein sehr bekanntes Produkt mit Kultstatus“ handle. Europa ist nur ein Schauplatz in einem weltweiten Ideenklau-Streit der beiden Unternehmen. Samsung konterte die Apple-Klagen mit eigenen Vorwürfen, inzwischen gibt es nach Rechnung von Müller 19 Verfahren in verschiedenen Ländern. Apple hatte sich im Jahr 2004 Design-Elemente eines Tablet-Computers in Europa als sogenanntes Geschmacksmuster schützen lassen. Das Gericht musste abwägen, ob das Galaxy Tab den hinterlegten Abbildungen des Geschmacksmusters zu ähnlich sieht, um einen direkten Vergleich der Galaxy-Geräte mit dem iPad ging es nicht.

Klare Botschaft des Urteils

Die Botschaft des Urteil ist zugleich auch eine deutliche Warnung an die Hersteller: Denn die Frage nach dem Verkauf von Produkten entscheidet sich tatsächlich vor Gericht - und das im schlimmsten Fall auch sehr unterschiedlich. Der Verdacht auf Urheberrechtsverletzung reicht aus. Das wird Hersteller in Zukunft deutlich selbstständigere Wege gehen lassen, was Produktentwicklung angeht. „Ich glaube nicht, dass irgendein Hersteller demnächst nach Deutschland Tablets bringen wird, die dem iPad ähnlich sehen“, sagt etwa der deutsche Patent-Experte Florian Müller, der die Grabenkämpfe in der Branche beobachtet. Dafür sei das Risiko zu groß. Dass Samsung nach einer Verfügung aus Düsseldorf auch den kleineren Bruder des Tab 10.1, das Modell 7.7, vor den Augen der Besucher von seinem Stand auf der Berliner Elektronikmesse IFA entfernen musste, war ein klares Zeichen. Um es nicht zu vergessen: Es handelt sich bei dem Tablet-Markt ja auch um ein schweres Milliardengeschäft.

Nach dem Vergleich kam die Kammer zu der Auffassung, dass Samsung nicht den nötigen Abstand zu dem Apple-Muster gehalten habe, sagte die Vorsitzende Richterin Johanna Brückner-Hofmann zur Urteilsverkündung. Das andere gestalterische Möglichkeiten gäbe zeigen etwa Produkte von Wettbewerbern wie Asus oder Toshiba. Im Ergebnis ist es Samsungs Deutschland-Tochter untersagt, europaweit Tablet-Geräte mit bestimmten Merkmalen wie unter anderem eine rechteckige Form, eine flache klare Oberfläche, gerundete Ecken und eine gebogene Rückseite anzubieten. Der koreanische Mutterkonzern Samsung darf sie in Deutschland nicht vermarkten. Unter die Beschreibung passt auch der „kleinere Bruder“ des Galaxy Tab 10.1, das Modell 7.7, was erklären dürfte, warum Samsung das brandneue Gerät von seinem Stand auf der Elektronikmesse IFA in Berlin verbannen musste.

Auch wenn der Rückschlag auf dem wichtigen deutschen Markt für Samsung schmerzhaft, aber verkraftbar ist – das Verfahren in Deutschland ist Teil eines weltweiten Ideenklau-Konflikts der beiden Hersteller, in dem Apple nun zunehmend die Oberhand gewinnt. In Australien legte Samsung die Markteinführung des Galaxy Tab auf Eis - freiwillig, um eine mögliche Einstweilige Verfügung abzuwenden. In den Niederlanden stoppte der Richter vorerst den Vertrieb eines Samsung-Smartphones. In den USA geht ein Verfahren mit gegenseitigen Klagen in Kalifornien im Oktober in die heiße Phase. Dabei geht es gleich um eine ganze Palette an Geräten. Und das ausgerechnet in der Technik-Branche, in der ein Gerät nach einem Jahr schon als veraltet gilt.

Das Verfahren in Düsseldorf ist Teil eines weltweiten Konflikts von Apple und Samsung, bei dem der deutsche Patentexperte Florian Müller aktuell 19 Klagen in verschiedenen Ländern zählt. Im Visier steht dabei auch das Google-Betriebssystem Android, mit dem die Galaxy-Geräte laufen. (abendblatt.de/dapd)