Nun hängt alles von den Richtern ab. Der schwedische Autobauer Saab hat Gläubigerschutz beantragt. Lehnt das Gericht ab, droht Insolvenz.

Stockholm. Es ist die letzte Hoffnung für das schwedische Traditionsunternehmen. Im Kampf gegen die drohende Pleite beantragte Autobauer Saab am Mittwoch Gläubigerschutz. Ein Zwangsverwalter soll das Unternehmen in letzter Minute vor der Insolvenz bewahren. Das zuständige Gericht in der Kleinstadt Vänersborg teilte am Mittwoch mit, dass es die Entscheidung um 24 Stunden vertagen würde. Damit setzten die Richter die 3700 Beschäftigten im Stammwerk Trollhättan unter Höchstspannung: Bei einem Nein gilt die Insolvenz als unausweichlich.

Unter Gläubigerschutz – im Schwedischen „Unternehmenssanierung“ - wäre Saab vor möglichen Insolvenzanträgen geschützt. Das Unternehmen könnte dann versuchen, sich mit dem Zwangsverwalter an der Spitze neu aufzustellen. In dem öffentlich zugänglichen Gerichtsantrag bezifferte Konzern-Chef Victor Muller die kurzfristigen Schulden des Unternehmens auf umgerechnet 6,9 Milliarden Kronen (769 Mio Euro).

+++ Spritschlucker und Sparwunder +++

+++ Saab am Abgrund +++

Saab hat im ersten Halbjahr nach Angaben seiner Eignergesellschaft Swedish Automobile 224 Millionen Euro Verluste eingefahren. Auch der Absatz stagniert. Auch bedingt durch Produktionsausfälle waren nur 13.000 Autos abgesetzt worden. Seit April stehen die Bänder in Trollhättan fast permanent still.

Muller begründete die Hoffnung auf eine Sanierung im Antrag auf Gläubigerschutz vor allem mit Zusagen der chinesischen Auto-Unternehmen Pang Da und Youngman. Diese wollen zusammen 245 Millionen Euro bereitstellen. Durch Kosteneinsparungen ab 2013 könne man auch mit „unter 100.000 verkauften Autos pro Jahr“ profitabel werden, hieß es weiter. Es sei beabsichtigt, alle Forderungen von Gläubigern voll zu befriedigen.

Schon einmal hatte das schwedische Unternehmen als zum Verkauf stehende Tochter des US-Konzerns General Motors 2009 Gläubigerschutz beantragt. Ein vom Gericht eingesetzter Zwangsverwalter führte damals den Autobauer. Anfang 2010 übernahm der kleine niederländische Sportwagenhersteller Spyker Cars (jetzt Swedish Automobile) Saab.

Mit dem erneuten Antrag auf Gläubigerschutz kam Saab auch einem bevorstehenden Insolvenzantrag von Gewerkschaften zuvor. Die in der vergangenen Woche fällig gewordenen Löhne und Gehälter für August hatten nicht ausgezahlt werden können. Mit der Einsetzung eines Zwangsverwalters unter Gläubigerschutz tritt ein staatliches Garantiesystem für Löhne und Gehälter in Kraft.

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht für das schwedische Traditionsunternehmen keine Zukunft mehr. „Saab hat keine Chance und wird nun abgewickelt“, sagte der Experte von der Uni Duisburg-Essen der dpa. Mit Blick auf den Saab-Antrag auf Gläubigerschutz sagte Dudenhöffer: „Das war nur eine Frage der Zeit.“ Es sei vielmehr „überraschend“, dass dies jetzt erst passiere. Saab spiele in einer Liga mit den großen Oberklasseherstellern BMW, Audi, Daimler oder auch Volvo. Diese hätten aber weitaus größere Stückzahlen.

In Deutschland ist Saab zuletzt vom Nischenmodell für Liebhaber in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht. 2008, im Jahr vor der Insolvenz der damaligen Mutter General Motors (GM), waren nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes noch 3797 Saab in Deutschland verkauft worden. Der Marktanteil betrug nur noch 0,1 Prozent.

In den ersten acht Monaten dieses Jahres verkauften die Händler in Deutschland nur noch 449 Fahrzeuge der früheren schwedischen Kultmarke (Januar bis August 2008: 2805) im August 2011 waren es gerade einmal 15 Wagen – nach 40 im August 2010. Nach Angaben von Frank Jaenicke, Vorsitzender des Verbands der Saab-Vertragspartner Deutschland, warten bundesweit derzeit 400 bis 500 Kunden auf einen Neuwagen von Saab.