Nach dem Rücktritt von Steve Jobs als Apple-Firmenchef fallen die Aktienkurse. Allerdings nicht so stark wie befürchtet.
Cupertino/New York/San Francisco. Die heutige Nacht zum Donnerstag wird der Apple-Gemeinde als eine Zäsur von tragender Bedeutung im kollektiven Gedächtnis bleiben. Geht es nach den eingefleischten Fans, ist es die Nacht, in der sie ihren Messias verloren haben. Steve Jobs hat seinen Rücktritt verkündet. Der Mann, der Apple in den 80er Jahren gegründet und es im neuen Jahrhundert wieder gerettet hat. Die Nachricht ar nicht nur ein Schock für die verschworene Apple-Gemeinde, sondern auch für die Aktienmärkte. Die Meldung drückte die Aktie des Unternehmens zunächst stark ins Minus. An der Frankfurter Börse fielen die Unternehmenswerte um 6,3 Prozent auf 242,71 Euro. Für viele Anleger ist Steve Jobs zu stark mit der Firma verbunden, die er einst aufbaute und später aus dem Dreck zog: „Apple ist Steve Jobs, und ohne Steve Jobs ist Apple nicht mehr Apple“, fasste ein Händler zusammen. „Für viele Anleger heißt das, sie trennen sich von den Aktien.“
Auch in New York hatten die Apple-Aktien zunächst nachbörslich bis zu sieben Prozent eingebüßt. Doch langsam erholen sich die Aktienkurse wieder. Scheinbar haben die Investoren den ersten Schock über den Rücktritt überwunden.Kurz vor Börseneröffnung notierten die Aktien in New York zumindest wieder um 8 Euro oder 2,1 Prozent niedriger. Das war nur die Hälfte des Verlustes, den die Aktie am Mittwoch nach Bekanntwerden des Rücktritts im nachbörslichen Handel verzeichnete. Analysten hatten darauf verwiesen, dass Jobs' Rückzug wegen seiner gesundheitlichen Probleme nicht überraschend komme. Im Vorfeld war von Branchenbeobachtern spekuliert worden, dass sie bei einem Rücktritt des Apple-Chefs deutlicher einbrechen würde.
Jetzt stellt sich für die Apple-Fans allerdings eine zunächst wichitigere Frage. Wie soll es weitergehen und vorallem: Wer kann die Lücke füllen? Wenn es nach Jobs selbst geht, ist die Antwort eindeutig: Tim Cook soll die Geschicke des Konzerns lenken. In Apple Fan-Kreisen gilt er zwar als brillianter Manager, aber nicht als das charismatische Aushängeschild, das Jobs verkörperte. Wer ist Cook, der neue Mann an der Spitze der mächtigsten Computerfima der Welt? Wird er die Erwartungen erfüllen können?
Er gilt als Naturtalent: Ebenso arbeitswütig und ideenreich wie Jobs selbst. Schon früher hat Tim Cook den Firmengründer vertreten. Er galt deshalb als aussichtsreichster Kandidat für den Chefposten. Auch wenn es sich der "iGod" trotz seiner Auszeit bis zuletzt nicht hat nehmen lassen, neue Produkte wie das iPad 2 persönlich vorzustellen. Dennoch: Neben Jobs gilt der 50-Jährige als einer der wichtigsten Architekten des wirtschaftlichen Erfolgs des iPhone- und iPad- Herstellers.
In seiner bisherigen Funktion als zuständiger „Chief Operating Officer“ hatte er dafür zu sorgen, aus den kühnen Visionen konkrete Umsatzgewinne zu machen. Das US-Magazin „Fortune“ würdigte Cook als „das Genie hinter Steve“. Es war Jobs selbst, der den damaligen Compaq-Manager 1998 zu Apple holte. Schnell griff er in dem damals krisengeschüttelten Unternehmen durch. Er schloss eigene Produktionswerke und setzte auf Auftragsfertiger. Er ließ die Lagerbestände von Monaten auf Tage schmelzen. Das half Apple, bei dem schnellen Modellwechsel in der Elektronik-Branche keine Auslaufgeräte als Altlasten herumliegen zu haben. Sowohl Jobs als auch Cook gelten als öffentlichkeitsscheue Arbeitstiere. Mitarbeiter berichten auch mal von E-Mails, die mitten in der Nacht verschickt werden. Beide sind oft ähnlich schwierig im Umgang.
Trotz geregelter Nachfolge ist der Rücktritt von Steve Jobs ein schwerer Schlag in den Augen der Apple-Gemeinde. Der Erfolg des Unternehmens und der Aufstieg zu einer der wertvollsten Marken der Welt ist eng mit dem Leben des 56-jähirgen verknüpft. Jobs gilt in der Apple-Gemeinde als Kult, wird von seinen Jüngern gemeinhin als Guru und Visionär des 21. Jahrhunderts wahrgenommen. Er gab der Marke Apple sein Gesicht. Doch jetzt das plötzliche Ende einer Ära. In einem Brief an den Verwaltungsrat teilte der Apple-Chef seinen Rücktritt mit. Steve Jobs gilt als schwer erkrankt, ist in den letzten Monaten bereits beruflich kürzer getreten. Ob seine Erkrankung allerdings Grund für den Rücktritt ist, lässt er offen. In dem Brief heißt es nur, er könne seine Aufgaben nicht länger erfüllen. Jobs hat bereits eine lange Krankengeschichte hinter sich. 2004 erkrankte er an einer seltenen Form von Krebs, einem sogenannten neuroendokrinen Tumor (NET). Besonders häufig tritt dieser im Magen-Darm-Trakt und der Bauchspeicheldrüse auf. Wie bei Jobs. Die Tumoren entwickeln sich aus bestimmten Zellen im Verdauungssystem, die Hormone produzieren und damit den Verdauungsvorgang regulieren. Wird der Tumor in der Bauchspeicheldrüse rechtzeitig erkannt und operativ entfernt, ist die Prognose deutlich besser als bei anderen Arten von Pankreaskrebs. Jobs wurde vor sieben Jahren operiert, schrieb damals in einer E-Mail an seine Mitarbeiter, dass er eine vollständige Heilung erwarte.
Anfang 2009 zog sich Jobs erneut wegen gesundheitlicher Probleme von der Apple-Konzernspitze zurück. Diesmal dauerte die Auszeit mehrere Monate. In dieser Zeit wurde ihm eine neue Leber transplantiert. Das Methodist University Hospital in Memphis, Tennessee, in dem der Eingriff vorgenommen worden war, erklärte damals, Jobs habe an einer Lebererkrankung im Endstadium gelitten. Nach dem Eingriff erhole er sich gut und habe eine „exzellente Prognose“. Im September 2009 trat Jobs wieder öffentlich auf. Anfang Januar 2011 sprach Jobs erneut von gesundheitlichen Problemen. Er bleibe Vorstandsvorsitzender von Apple, ziehe sich aber aus dem Tagesgeschäft zurück, erklärte er. Ob der Krebs zurückgekommen ist oder ob Jobs an einer anderen schweren Erkrankung leidet, blieb unklar.
Ganz löst sich Jobs allerdings nicht von dem Konzern, der sein Lebenswerk verkörpert. Die Silicon-Valley-Legende wird zum Chef des Verwaltungsrats. In seinem Brief heißt es: "Ich habe immer gesagt, dass wenn jemals der Tag kommen sollte, dass ich nicht länger meine Aufgaben und Erwartungen als Apple-Chef erfüllen kann, ich der erste wäre, der das mitteilt. Leider ist dieser Tag gekommen.“ Der Konzern veröffentlichte das Schreiben. Über die tatsächlichen Gründe für den Rückzug wird spekuliert. Der Rücktritt des Apple-Chefs sei nicht als Hinweis auf eine plötzliche Verschlechterung von Jobs' Gesundheitszustand zu sehen, sagte ein Vertrauter der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Jobs habe den Mittwoch in der Apple-Zentrale verbracht und an einer regulären Sitzung des Verwaltungsrates teilgenommen. In den vergangenen Wochen aber sei er an sein Haus gebunden gewesen und er fühle sich schwach, sagen andere.
+++Das Imperium Apple+++
(abendblatt.de/dapd/dpa)