Tim Cook löst Steve Jobs nach dessen Rücktritt als Apple-Chef ab. Möglicherweise wird sich nicht nur an der Farbe des Oberteils des obersten Repräsentanten etwas ändern, sondern auch am Design der Produkte des Computerkonzerns.
San Francisco/Hamburg. Die Technologiebranche verliert ihren Visionär: IT-Legende Steve Jobs tritt als Chef des Computerkonzerns Apple zurück. Der schwer erkrankte Konzerngründer erklärte seinen Rückzug von der Firmenspitze damit, seine "Aufgaben und Erwartungen als Chef von Apple“ nicht länger erfüllen zu können. Die Anleger nahmen den Abgang mit Fassung auf: Die Apple-Aktie büßte in New York lediglich zwei Prozent ihres Wertes ein. Der 56-Jährige kehrt dem iPhone- und iPad-Hersteller auch nicht ganz den Rücken. Er wird seinem Nachfolger Tim Cook als Vorsitzender des Verwaltungsrates zur Seite stehen. Allerdings fürchten viele Anleger, dass die lange Erfolgsserie nach Jobs Rücktritt reißt. Die Konkurrenten wetzen bereits ihre Messer. Vor allem Samsung Electronics werden gute Chancen zugeschrieben, die Smartphone-Dominanz von Apple zum Wackeln zu bringen.
Nach dem Rücktritt Jobs wird nun dessen Kronprinz gekrönt. Doch ob Tim Cook eine neue Ära begründen kann, ist noch offen. Denn im Vergleich zu seinem langjährigen Chef ist Cook geradezu unauffällig. Der 50-Jährige aus Alabama hat bislang weder die Showtalente seines Chefs erkennen lassen noch dessen visionäre Gabe. Von der Internetseite lächelt die bisherige Nummer Zwei die Kundschaft in einem geschäftsmäßigen hellblauen Hemd an. Immerhin eine farbenfrohere Erscheinung im Gegensatz zu Jobs bevorzugtem schwarzen Pullover. Und auch sonnst sollte Cook, der seit langem das Tagesgeschäft bei Apple verantwortet und den Konzern faktisch seit Januar führt, nicht unterschätzt werden. Als er während einer früheren Auszeit von Jobs das Ruder übernahm, legte die Apple-Aktie rund 60 Prozent zu.
Für seine Vertretung wurde Cook 2004 auf Empfehlung seines Chefs mit Bargeld und Aktienoptionen im Wert von 22 Millionen Dollar belohnt. Im vergangenen Jahr, in dem sich die Aktie des wertvollsten Technologiekonzerns wieder kräftig verteuerte, erreichte die Vergütung sogar einen Wert von 59 Millionen Dollar. Cook gilt schon lange als effektiver Manager, der eben bislang eher hinter den Kulissen agiert.
Der neue Mann an der Spitze des Vorstands tritt nach Einschätzung von Branchenexperten nun aber bestens vorbereitet ins Scheinwerferlicht. Cook habe sich bereits ein schlagkräftiges Team zusammengesucht, sagt Analyst Tim Bajarin von Creative Strategies. Zudem habe er schon länger eine viel größere Verantwortung als allgemein angenommen. Die Sorge sei unbegründet, dass dem Silicon-Valley-Pionier unter Cooks Führung die Ideen ausgehen könnten. "Er ist innerhalb der Firma hoch angesehen. Sie hätten keinen besseren Nachfolger finden können. Seine Erfolgsgeschichte spricht für ihn“, lobt Analyst Ashok Kumar von Rodman & Renshaw.
Charakterlich unterscheidet sich Cook stark von dem zum Spiritualismus neigenden Jobs, der für seine Ausbrüche intern auch gefürchtet wurde. Der neue Apple-Chef stammt aus einer Kleinstadt, ist bekennender Football-Fan und wird als bodenständig und sanft beschrieben.
Verantwortlich für komplizierte Lieferkette
Cook stieg 2005 zum Chief Operating Officer auf – also zu dem für das Tagesgeschäft zuständigen Vorstandsmitglied. In dieser Position war er etwa für den Vertrieb und die komplizierte Zulieferkette des High-Tech-Konzerns zuständig. Dies ist ein entscheidender Teil des Geschäfts, denn Apple baut seine Geräte nicht mehr selbst, sondern vergibt Aufträge: "Entworfen von Apple in Kalifornien. Zusammengesetzt in China“ - dieses Etikett prangt auf vielen Produkten der Marke. Cook war für die Outsourcing-Verträge mit Zulieferern zuständig, um die traditionell ein großes Geheimnis gemacht wird. Zudem verantwortete er die traditionelle PC-Sparte mit den Mac-Rechnern.
+++Das Imperium Apple+++
Der Manager gehört inzwischen zu den begehrtesten Spitzenkräften der Branche. 2010 etwa kursierte das Gerücht, Cook solle Chef bei Hewlett Packard werden. Die Apple-Aktie drehte umgehend ins Minus und fing sich erst wieder, als der Manager höchst persönlich dementierte. HP-Chef wurde schließlich der deutsche Manager Leo Apotheker, der vom Walldorfer Software-Konzern SAP kam.
Vor seiner Zeit bei Apple war Cook bei Compaq – damals Marktführer auf dem PC-Markt – für den Einkauf zuständig. Zu seiner Karriere gehören zudem zwölf Jahre bei IBM . Als Cook 1998 zu Apple stieß, befand sich der Konzern mitten in einer Krise. Rückblickend ist Cook mehr als zufrieden mit diesem Schritt: "Bei Apple zu arbeiten war nie wirklich mein Plan, aber es war zweifellos die beste Entscheidung meines Lebens“, sagte er kürzlich vor Studenten seiner einstigen Universität.
"Steve Jobs hat dem Design bei Apple eine große Rolle eingeräumt. Er gab dem Kreativteam mehr Freiheiten und setzte mit Jonathan Ive die prägende Figur der heute so erfolgreichen Designsprache ein“, sagt Ina Grätz, Kuratorin der Design-Ausstellung "Stylectrical“, die derzeit im Hamburger Museum Kunst und Gewerbe zu sehen ist.
Jobs hatte nach seiner Rückkehr zu Apple im Jahr 1996 Ive zum Chefdesigner gemacht und erstmals einen Kreativen in die Unternehmensführung eingebracht, wie Grätz sagt, deren Museum Apple-Produkte für die eigene Design-Sammlung anschafft.
Verbleib von Designer Ive offen
"Ive hat seither ein einfaches, sachliches Design geschaffen, das überall auf der Welt bekannt und beliebt ist. Das ist der wichtigste Faktor in der Erfolgsgeschichte von Apple“, erklärt Grätz. Nach ihren Worten war Jobs nicht nur an der Technik, sondern stets auch an der Gestaltung interessiert. "Design war für Jobs schon immer ein persönliches Anliegen, das hat sich auch auf sein Unternehmen ausgewirkt. Jobs forderte schon in den Anfängen von Apple in den 1980er-Jahren, dass die Geräte eine formal-ästhetische Qualität haben.“
Nun, da Jobs als Konzernchef zurücktritt und von Tim Cook abgelöst wird, ist für Grätz auch der Verbleib von Ive nicht sicher: "Es gab Anfang des Jahres Gerüchte, dass Ive Apple verlässt. Vielleicht wusste er schon damals von den Rücktrittsplänen von Jobs, mit dem er eng befreundet ist.“
Wie und ob sich das Design von Apple mit dem neuen Konzernchef verändern wird, ist für Grätz offen: "Ich könnte mir vorstellen, dass es Änderungen gibt - immerhin wird nun seit zehn Jahren auf eine Linie gesetzt. Andererseits ist Apple nach wie vor sehr erfolgreich damit.“
Wichtig ist der Ausstellungsmacherin vor allem, dass die Gestalter der Apple-Produkte auch in Zukunft kreativ sein können: "Man kann sich nur wünschen, dass Cook den Designern weiterhin viel Spielraum lässt.“
Mit Material von reuters und dapd