Apple-Chef Steve Jobs gibt in einem Brief an den Verwaltungsrat seinen Rücktritt bekannt. Nachfolger soll Topmananger Tim Cook werden.
Cupertino/New York/San Francisco. Ein schwerer Schock für die Apple-Gemeinde: Firmengründer Steve Jobs tritt als Konzernchef von Apple zurück. Der Erfolg des Unternehmens und der Aufstieg zu einer der wertvollsten Marken der Welt ist eng mit dem Leben des 56-jähirgen verknüpft. Jobs gilt in der Apple-Gemeinde als Kult, wird von seinen Jüngern gemeinhin als Guru und Visionär des 21. Jahrhunderts wahrgenommen. Er gab der Marke Apple sein Gesicht. Doch jetzt das plötzliche Ende einer Ära. In einem Brief an den Verwaltungsrat teilte der Apple-Chef seinen Rücktritt mit. Steve Jobs gilt als schwer erkrankt, ist in den letzten Monaten bereits beruflich kürzer getreten. Ob seine Erkrankung allerdings Grund für den Rücktritt ist, lässt er offen. In dem Brief heißt es nur, er könne seine Aufgaben nicht länger erfüllen.
Ein Nachfolger ist bereits gefunden. So soll der Top-Manager Tim Cook zukünftig die Geschicke des Unternehmens leiten. Ganz löst sich Jobs allerdings nicht von dem Konzern, der sein Lebenswerk verkörpert. Die Silicon-Valley-Legende wird zum Chef des Verwaltungsrats. In seinem Brief heißt es: "Ich habe immer gesagt, dass wenn jemals der Tag kommen sollte, dass ich nicht länger meine Aufgaben und Erwartungen als Apple-Chef erfüllen kann, ich der erste wäre, der das mitteilt. Leider ist dieser Tag gekommen.“ Der Konzern veröffentlichte das Schreiben. Über die tatsächlichen Gründe für den Rückzug wird spekuliert. Der Rücktritt des Apple-Chefs sei nicht als Hinweis auf eine plötzliche Verschlechterung von Jobs' Gesundheitszustand zu sehen, sagte ein Vertrauter der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Jobs habe den Mittwoch in der Apple-Zentrale verbracht und an einer regulären Sitzung des Verwaltungsrates teilgenommen. In den vergangenen Wochen aber sei er an sein Haus gebunden gewesen und er fühle sich schwach, sagen andere.
+++Das Imperium Apple+++
Seit Jahren schon kämpft der 56-Jährige mit schweren Krankheiten. 2004 musste er wegen Krebs behandelt werden, 2009 bekam er eine neue Leber. Zuletzt hatte der Firmengründer im Januar sein Arbeitspensum erneut reduziert. Er wollte seine Gesundheit schonen und gab das Tagesgeschäft an Cook ab. Es ist unklar, was ihm fehlt. Bei öffentlichen Auftritten wirkte er zuletzt sehr dünn und ausgemergelt. Jobs hatte es trotz seiner gesundheitlichen Probleme fertig gebracht, der versammelten Konkurrenz ein ums andere Mal ein Schnippchen zu schlagen. Er gilt als treibende Kraft hinter den Erfolgsgeräten wie dem iPhone-Handy und dem Tablet-Computer iPad. Auch die Mac-Computer, mit denen Apple einst groß geworden war, verkauften sich zuletzt glänzend.
"Steves außergewöhnlicher Weitblick und seine Führungskraft haben Apple gerettet und zum innovativsten und wertvollsten Technologieunternehmen gemacht“, sagte Verwaltungsratsmitglied Art Levinson. Er spielte damit auf den Beinahe-Zusammenbruch Mitte der 1990er Jahre an, als Microsoft mit seinen Windows-PC den kleineren Konkurrenten zu überrollen drohte. Doch Jobs, der Apple zwischenzeitlich im Streit verlassen hatte, kehrte zurück und riss das Steuer herum. Heute ist die Firma mit dem angebissenen Apfellogo dem Erzrivalen Microsoft vom Firmenwert her längst voraus. Gegenwärtiger Topkonkurrent ist vielmehr der Ölmulti ExxonMobil, mit dem sich Apple ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Titel des wertvollsten Unternehmens überhaupt liefert. Apple liegt aktuell mit 349 Milliarden Dollar nur knapp hinter Exxon.
Sein Nachfolger Cook hatte den Firmengründer schon vorher mehrfach vertreten. Er galt deshalb als aussichtsreichster Kandidat für den Chefposten. Jobs hatte es sich trotz seiner Auszeit aber nicht nehmen lassen, bis zuletzt neue Produkte wie das iPad 2 persönlich vorzustellen. Der charismatische Jobs hat eine riesige Fangemeinde. Er ist dafür bekannt, sich selbst um kleinste Details zu kümmern. Cook, der seit 13 Jahren bei Apple arbeitet, tritt damit in große Fußstapfen.
Jobs betonte, dass er Apple jedoch noch weiter erhalten bleibe. Er freue sich darauf, zum Erfolg von Apple in seiner neuen Rolle als Chef des Verwaltungsrats beizutragen, schrieb er. Jobs ist damit der oberste Kontrolleur des Konzerns. Zusätzlich zu dem Chefsessel im Apple-Verwaltungsrat solle Jobs aber auch seinen Posten im Kontrollgremium des Unterhaltungsriesen Disney behalten, berichtete Bloomberg weiter. Jobs ist größter Einzelaktionär von Disney, seit der Konzern das Animationsstudio Pixar kaufte.
Die Reaktionen auf den Rücktritt an der Börse im nachbörslichen Handel waren verhältnismäßig gelassen. Die Apple-Aktie verzeichnete ein Minus von fünf Prozent. Im Vorfeld war von Branchenbeobachtern spekuliert worden, dass sie bei einem Rücktritt des Apple-Chefs deutlicher einbrechen würde.
Der Meister der Erfindung und Vermarktung
Steve Jobs hat die Computer verwandelt. Aus einem Utensil weltfremder Stubenhocker wurde dank seiner Hilfe ein unverzichtbarer Bestandteil des modernen Lebens. Jobs schuf immer schlankere Geräte, kultivierte ein minimalistisches Design und brachte ein Sensationsprodukt nach dem anderen auf den Markt, auch wenn die Wirtschaft und seine Gesundheit kriselten. Aus Apple machte er das wertvollste Technologieunternehmen der Welt.
Jobs wurde am 24. Februar 1955 geboren und wuchs in Kalifornien auf. Sein Studium in Portland brach er nach nur einem Semester ab. „Ich hatte keine Idee, was ich mit meinem Leben anfangen wollte und keine Idee, wie mir die Universität hätte helfen können, das herauszufinden“, sagte er später. Jobs kehrte nach Kalifornien zurück und erkannte in einem Computerclub das Potenzial der Rechenmaschinen. In der Garage seiner Eltern schraubten er und sein Schulfreund Steve Wozniak ihre erste Kreation zusammen: den Apple I – ein Computer ohne Gehäuse, Tastatur und Monitor. Im Jahr darauf folgte ihr erstes Massenprodukt, und mit gerade mal 25 Jahren war Jobs 100 Millionen Dollar wert.
Jobs erkannte das Potenzial in den Konzepten anderer Firmen und verbesserte es. Er hat mit Apple weder den Computer erfunden noch Abspielgeräte oder Smartphones. Aber Apple schuf daraus Geräte für Menschen, die keine Lust haben, ihre Computer selbst zu programmieren oder technischen Zirkus zu veranstalten, um ihre Geräte am Laufen zu halten. „Wir waren ziemlich schamlos beim Stehlen großer Ideen“, sagte er später.
Millionen Apple-Jünger hingen an seinen Lippen
1985 wurde Jobs bei Apple aus der Firma gedrängt. Er fühlte sich am Boden zerstört. Doch als Neuanfänger ohne Erfolgsdruck entwickelte er neue Kreativität. 1997, als Apple in Schwierigkeiten steckte, kehrte Jobs zurück. Ein Jahr später brachte Apple den iMac mit buntem Plastikgehäuse auf den Markt, zwei Jahre später das iPod, mit dem seine Nutzer 1.000 Songs in die Tasche stecken und abspielen konnten. 2007 erfand Apple mit dem iPhone das mobile Telefonieren neu, und drei Jahre später kam das iPad. Wenn Jobs seine Neuheiten vorstellte, fast immer in ausgewaschenen Jeans und schwarzem Rollkragenpullover, hingen Millionen Apple-Jünger an seinen Lippen. Investoren verfolgten seine Auftritte aber auch, um zu sehen, wie es um Jobs' Gesundheit bestellt war. 2004 gab Jobs bekannt, dass er von Bauchspeicheldrüsenkrebs kuriert worden war.
2009 sah er sich gezwungen, eine sechsmonatige Auszeit zu nehmen, während der ihm eine neue Leber eingepflanzt wurde. Anfang diesen Jahres musste er zum dritten Mal pausieren. Im März stellte er zwar noch die zweite Generation des iPad vor, doch im August gab er den Posten des Vorstandsvorsitzenden auf. Jobs wechselt in den Aufsichtsrat.
(abendblatt.de/dapd/dpa)