Die EZB soll die Inflation im Zaum halten. Doch die Schuldenkrise verhindert, dass die geldpolitischen Zügel allzu rasch angezogen werden.
Frankfurt/Main. Die Europäische Zentralbank bleibt bei ihrer Politik der regelmäßigen Zinspausen. Der EZB-Rat beließ bei seiner Sitzung am Donnerstag in Frankfurt den Leitzins wie erwartet bei 1,5 Prozent. Volkswirte rechnen damit, dass der wichtigste Zins zur Versorgung der Geschäftsbanken im Euro-Raum mit Zentralbankgeld bis zum Jahresende noch einmal erhöht wird. Dafür sprechen hohe Inflationsraten. Unsicher sind sich die Experten allerdings, ob die Währungshüter die geldpolitischen Zügel bereits im Oktober weiter anziehen oder erst im Dezember.
Volkswirte sehen die EZB in einer Zwickmühle. Höhere Zinsen helfen zwar im Kampf gegen die Inflation: Kredite werden tendenziell teurer, das mindert die Neigung von Unternehmen und Verbrauchern, auf Pump zu investieren und zu konsumieren. Nach den letzten EZB-Prognosen wird die Inflation getrieben von einem Schub bei den Energie- und Rohstoffpreisen im laufenden Jahr: Die Teuerung stieg auf 2,6 Prozent (Spanne: 2,5 bis 2,7). Die Rate liegt damit deutlich über der Warnschwelle der Notenbank, die bei Teuerungsraten bis knapp unter 2,0 Prozent die Preisstabilität gewahrt sieht.
Höhere Zinsen verteuern aber auch Kredite. Daher könnten sie Gift sein für die lahmende Wirtschaft von Krisenländern wie Griechenland oder Portugal. Derzeit deutet vieles darauf hin, dass die Konjunktur im Euro-Raum an Schwung verlieren könnte. Auch die Euro-Schuldenkrise ist noch nicht beendet, im Gegenteil. Nach dem Euro-Gipfel zur Griechenlandrettung sind jetzt Spanien und vor allem Italien in den Fokus geraten. Beobachter schließen daher nicht aus, dass sich die Währungshüter bis zum Jahresende Zeit mit einem weiteren Zinsschritt lassen könnten.
Seit April hat der EZB-Rat die Zinsen in zwei kleinen Schritten angehoben und damit den allmählichen Ausstieg aus der Krisenpolitik des extrem billigen Geldes begonnen. Zuvor hatte der Leitzins seit Mai 2009 auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent verharrt.
Auch die britische Notenbank ließ ihren Leitzins wie erwartet unverändert. Er liegt weiter auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent, wie die Bank of England (BoE) am Donnerstag in London mitteilte. (dpa)