Vor allem für Deutschland sei die Stabilität des Euro von tragender Bedeutung, sagte der Finanzminister bei der Klage-Verhandlung in Karlsruhe.

Karlsruhe. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat vor dem Bundesverfassungsgericht die Griechenland-Hilfen und den Euro-Rettungsschirm verteidigt. "Die Stabilität des Euro ist von tragender Bedeutung“, sagte Schäuble am Dienstag in Karlsruhe. Das gelte vor allem für Deutschland. Zwei Drittel des deutschen Exports gingen in europäische Länder. Die Zahlungsunfähigkeit eines Landes bringe "die Gefahr der Ansteckung anderer Euro-Länder“. Die Bundesregierung arbeite daran, diese Ansteckungsgefahr zu verringern.

Dem Vorwurf des bayerischen Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler (CSU), der gegen den Euro-Rettungsschirm zusammen mit Professoren das Bundesverfassungsgericht angerufen hat, trat Schäuble entgegen. Das Demokratieprinzip sei nicht verletzt. "Keine Maßnahme erfolgt ohne Zustimmung des Parlaments“, sagte Schäuble vor dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestags, Siegfried Kauder (CDU), wies den Vorwurf zurück, das Parlament habe die Griechenland-Hilfen im Frühjahr 2010 ohne ausreichende Diskussion verabschiedet. "Ich räume ein, die Regierung machte Druck“, sagte Kauder in Karlsruhe. „Aber das Parlament hat seine parlamentarischen Rechte sehr selbstbewusst wahrgenommen. Wir haben uns die Arbeit nicht leicht gemacht.“ Jeder habe seine freie Entscheidung treffen können. "Erpressung hat es nicht gegeben“, sagte Kauder. Die Ausführungen Gauweilers, der in Karlsruhe wegen Verletzung der demokratischen Rechte klagt, schmerzten ihn deshalb.

Die klagenden Professoren sehen dagegen durch die Millionenhilfen für Griechenland die Verfassung "im Kern“ verletzt. "Was ökonomisch falsch ist, kann rechtlich nicht richtig sein“, sagte Professor Karl Albrecht Schachtschneider, der einer der Beschwerdeführer gegen die Griechenland-Hilfen ist und gleichzeitig in Karlsruhe als Prozessbevollmächtigter auftrat. Schachtschneider berief sich sogar auf das Widerstandsrecht, das nach dem Grundgesetz jedem Bürger bei Abschaffung des Wesensgehalts der Verfassung zusteht. „Wir versuchen die Verfassung zu verteidigen, die Verfassung der Freiheit, der Demokratie, des Sozialstaats und des Rechtsstaats.“ Der Euro-Rettungsschirm und die Griechenland-Hilfen seien „ein Fass ohne Boden“, die irgendwann zu einer Währungsreform führten.

Der Prozessbevollmächtigte von Peter Gauweiler, Dietrich Murswiek, beklagte, Politik und Europäische Zentralbank hätten einen "eklatanten Verfassungsbruch verabredet“ und seien „auch noch stolz darauf“. (dapd)