Aufstieg und Niedergang von Blohm + Voss sind eng mit der deutschen Geschichte verknüpft. Legendäre Luxusliner und berüchtigte Kriegsschiffe liefen hier vom Stapel
Hamburg. Die Anfänge von Hamburgs Traditionswerft Blohm + Voss waren mehr als bescheiden: Mit ein paar Bretterbuden und Helgen - den Baufundamenten für Schiffe - begann die Geschichte auf der sumpfigen Insel Kuhwerder am südlichen Ufer der Elbe im April 1877. Die Geschäftsaussichten waren vage. "Es wird ein Abenteuer", darin waren sich der Ingenieur Hermann Blohm und der Maschinenbauer Ernst Voss einig.
Das erste Schiff, das ihre Werft Blohm + Voss im Auftrag baute, war der Raddampfer "Elbe", 43 Meter lang, bestellt von einem Konsortium aus Obst- und Gemüsebauern im Alten Land. Was danach folgte, prägte jedoch die Geschichte des europäischen Schiffbaus im zurückliegenden Jahrhundert wesentlich mit. Mehr als 1000 Schiffe liefen bei Blohm + Voss vom Stapel, legendäre Luxusliner ebenso wie berüchtigte Kriegsschiffe.
Mit der "Vaterland", abgeliefert von Blohm + Voss im Jahr 1913, machte der Hapag-Chef Albert Ballin den Briten den Rang des größten und prächtigsten Passagierdampfers in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg streitig. Die Viermastbark "Passat" von 1911 überlebte, anders als ihr berühmteres Schwesterschiff "Pamir", die Ära der Segelfrachter; sie liegt heute als Museumsschiff in Travemünde.
Die "Bismarck", die Blohm + Voss 1939 vom Stapel ließ, sollte Hitlers Speerspitze beim Kampf um die Weltmeere sein. Doch sie sank beim ersten Kriegseinsatz, fast 2000 Menschen starben. Für den massenhaften Tod auf dem Wasser stehen auch die Blohm + Voss-Schiffe "Wilhelm Gustloff", versenkt 1945 in der Ostsee mit 9000 Flüchtlingen an Bord, und die "Cap Arcona", die kurz vor Kriegsende mit 4600 Häftlingen aus dem KZ Neuengamme sank. Botschafter eines friedlichen Deutschlands ist das Segelschulschiff "Gorch Fock" der Bundesmarine, fertiggestellt von Blohm + Voss im Jahr 1958, fast baugleich mit der ersten "Gorch Fock" von 1933.
Blohm + Voss überlebte als Unternehmen beide Weltkriege und alle Wirtschaftskrisen drumherum. Nach dem Zweiten Weltkrieg genoss der deutsche Schiffbau noch einmal eine große Blüte, in den 60er- und 70er-Jahren zählte Deutschland wieder zu den führenden Schiffbaunationen. Die Werftindustrie in Hamburg boomte. Howaldt, Deutsche Werft, Stülcken und Schlieker waren neben Blohm + Voss die großen Namen jener Zeit. Übrig geblieben sind nur Blohm + Voss und das kleinere Familienunternehmen Sietas in Neuenfelde.
Was den deutschen Werften in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zusetzte, war die wachsende Konkurrenz aus Fernost. Zunächst in Japan, dann in Südkorea und zuletzt in China wuchsen ernst zu nehmende Wettbewerber heran, die heute den weltweiten Handelsschiffbau dominieren. Während bei Hyundai, Samsung oder Daewoo die Frachter und Tankschiffe gleich in großen Serien aus den Docks gefahren werden, bleibt für die deutschen Schiffbauer nur noch die Spezialisierung auf lukrative Nischen. Daher hat sich Blohm + Voss mittlerweile auf den Bau von Megayachten und Marineschiffen sowie die Reparatur spezialisiert.
Ein Hamburger Unternehmen im engeren Sinne ist die Werft allerdings schon längst nicht mehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm der Stahlkonzern Thyssen - später ThyssenKrupp - schrittweise die Kontrolle an der Elbe. Heute ist Blohm + Voss Teil der Schiffbautochter TKMS, zu der auch die Kieler Werft HDW gehört.
Aufgrund der schwierigen Lage im Schiffbau will ThyssenKrupp schon seit Jahren aus der Branche aussteigen. Mit Abu Dhabi Mar schien im Herbst 2009 ein neuer Eigentümer gefunden, doch nun muss der Mutterkonzern nach einem neuen Interessenten für Blohm + Voss suchen.