Verbraucherschützer rügen Kampagne der Milch-Schnitte als “dreisteste Werbelüge 2011“. Eine Übergabe des Preises scheiterte allerdings

Berlin. Jährlich wird der Preis für die dreisteste Werbelüge von der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch vergeben. Dieses Jahr ging der „Goldene Windbeutel“ an die Firma Ferrero für die Milch-Schnitte. Der Süßwarenkonzern Ferrero bewirbt sein Produkt mit dem Slogan „Schmeckt leicht. Belastet nicht. Ideal für zwischendurch“. Dank Unterstützung wechselnder Spitzensportler, die in der Werbung auftreten wird das Bild eines kalorinarmen Zwischendurchproduktes verstärkt. Tatsächlich sei das Produkt mit einem Zucker- und Fettgehalt von rund 60 Prozent alles andere als sportlich oder leicht.

Anne Markwardt, die Leiterin der Foodwatch-Kampagne gegen Etikettenschwindel kritisiert die Werbung scharf:: „Die Ferrero-Manager täuschen ihre Kunden nach Strich und Faden, wenn sie ein solches Produkt als sportlich-leichte Zwischenmahlzeit bewerben.“ Die Werbung sei so schwerwiegend irreführendend, dass Markwardt Ferrero eine erhebliche Mitverantwortung zusprach, dass in Deutschland bereits 15 Prozent der Kinder als übergewichtig gelten. Die Milchschnitte hat mehr Zucker, mehr Fett und mehr Kalorien als ein Stück Schoko-Sahnetorte.

Eine Preisübergabe vor der Ferrero-Zentrale scheiterte allerdings. Vor der Konzernzentrale warten Markwardt und weitere Foodwatch-Mitarbeiter vergeblich auf eine Reaktion des Unternehmens. Unbemerkt bleiben sie aber nicht: Zahlreiche Ferrero-Angestellte beobachten von ihren Bürofenstern aus die geplatzte Preisübergabe. Die Firma lässt durch einen Mitarbeiter des Empfangs ausrichten, dass die Geschäftsführung den Preis nicht annehme und auch nicht für Gespräche bereitstünde. In einer Presseerklärung teilt das Unternehmen mit, es gebe keine Hinweise, dass die Verbraucher die Werbung als irreführend empfänden. „Wir stimmen den Vorwürfen von Foodwatch daher keinesfalls zu und nehmen den Negativaward nicht an.“

Markwardt zeigt sich nach der gescheiterten Preisübergabe enttäuscht. Es sei beschämend für einen so großen Konzern, diese Verbraucherkritik nicht ernst zu nehmen. Den mitgebrachten „Goldenen Windbeutel“ nimmt die wieder mit. Der werde nur persönlich an die Geschäftsführung übergeben, sagt sie. Der Versuch, wenigstens die dazugehörige Urkunde am Firmentor stehen zu lassen, scheitert auch. Der Empfangsmitarbeiter erklärt, diese werde ebenso wie der Preis nicht angenommen. Ganz ohne plastische Erinnerung an den Negativpreis will Foodwatch das Unternehmen jedoch nicht lassen. Markwardt kündigt an, die Urkunde per Einschreiben an Ferrero zu schicken. Der Portier richtet zudem von der Geschäftsleitung aus, dass Foodwatch gerne per Mail Kontakt aufnehmen könne. Markwardt kündigt an, dieses Angebot zu nutzen. Der Mann nimmt zudem 7.000 von Foodwatch gesammelten Unterschriften von Verbrauchern mit Kritik an der „Milch-Schnitte“ entgegen. Laut Foodwatch hatte Ferrero die Zuschriften alle schon einmal erhalten, bislang aber noch keine beantwortet. Markwardt sagt, sie erwarte nun, dass sich der Konzern bewege.

Auch der Geschäftsführer der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch, Thilo Bode äußerte Kritik. Er griff den Deutschen Fußball-Bund (DFB) für seine Kooperation mit dem Süßwaren-Hersteller Ferrero scharf an. Er bezeichnete die Kooperation des DFB mit Firmen der Lebensmittelindustrie als inakzeptablen Zustand, wenn populäre Spitzensportler benutzt werden, um ihre „als harmlose Zwischenmahlzeiten getarnten Dickmacher unters Volk zu bringen“.

Bei den Online-Abstimmungen nahmen 117.688 Menschen teil. 51.000 Verbraucher (43,5 Prozent) stimmten für die „Milch-Schnitte“.Auf Platz zwei schaffte es „Activia“ von Danone mit 28,9 Prozent der Stimmen. Auf Rang drei folgte „nimm2“ von Storck (16,1 Prozent). Den vierten Platz heimste „Ferdi Fuchs Mini-Würstchen“ von Stockmeyer (5,9 Prozent) ein. Auf Rang fünf lag „Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen“ von Kühne (5,7 Prozent).Der Preis wurde bereits zum dritten Mal vergeben. 2010 hatte die Molkerei Zott den „Goldenen Windbeutel“ für ihren „Monte Drink“ erhalten, da „eine Zuckerbombe wie eine gesunde ’Zwischenmahlzeit’ für Kinder beworben werde. 2009 wählten die Verbraucher Danones probiotischen Joghurt “Actimel„ als “vermeintliches Wundermittel gegen Erkältungen„ zur Werbelüge des Jahres. (abendblatt.de/dapd)