Nicht nur die Hitze, auch Kakaospekulanten machen der Schokoladenbranche momentan das (Geschäfts-)Leben schwer.
München. Wer in diesen Tagen Schokolade kauft, hat die beste Entschuldigung, sie umgehend bis auf den letzten Krümel zu vertilgen: Die Hitze. Die meisten Schokoladenliebhaber verzichten bei tropischen Temperaturen aber lieber ganz auf Schokolade und brocken Herstellern und Handel damit seit Wochen sinkende Umsätze ein.
„Der Sommer ist keine Schokoladen-Zeit“, sagt ein Sprecher des Bundesverbandes der Süßwarenindustrie. Aber auch der Blick auf das wesentlich bedeutsamere Weihnachtsgeschäft macht der Branche wegen rasant gestiegener Preise für die wichtigste Zutat Kakao Sorgen. Schuld daran sind aus Sicht der Fachleute Spekulanten, die so aggressiv vorgingen wie nie zuvor.
Seit Monaten klagen die Schokoladenhersteller über das wachsende Interesse internationaler Investoren am Rohstoff Kakao . Mit zeitweise mehr als 3000 Euro erreichte der Preis für die Tonne Kakao in den vergangenen Wochen ein 30-Jahres-Hoch. „Der Rohstoffmarkt wird immer mehr von Spekulanten bestimmt“, sagt Peter Riegelein, Chef des gleichnamigen Schokofiguren-Herstellers im fränkischen Cadolzburg.
Jetzt erreichte das Zocken aber eine neue Dimension: Pünktlich zum Start der Wintersaison soll ein britischer Investor mehr als 200.000 Tonnen Kakaobohnen eingekauft und eingelagert haben, berichteten britische Zeitungen. Rund sieben Prozent der weltweiten Produktion horte der Londoner Hedgefonds Armajaro nun und warte darauf, sie gewinnbringend zu verkaufen.
Der Zeitpunkt ist aus Sicht des Süßwarenhandelsverbandes Sweets Global Network bewusst gewählt. „Die meisten Hersteller müssen jetzt einkaufen, weil sie ihren Bedarf für das Weihnachtsgeschäft decken müssen“, sagt Geschäftsführer Hans Strohmeier. Viele hätten sich wegen des hohen Preisniveaus in den vergangenen Monaten zurückgehalten und müssten jetzt ihre Lager füllen, um Lebkuchen, Weihnachtssterne oder Nikoläuse aus Schokolade zu produzieren. Alternativen gibt es für die Branche so gut wie keine: Fremdfette dürfen bei der Schokoladenproduktion nur minimal verwendet und müssen dann auch auf der Verpackung angegeben werden.
Mehr als ein Dutzend europäischer Kakaohändler hat sich deshalb bei der Londoner Warenterminbörse Liffe über mutmaßliche Marktmanipulationen beschwert. „Der Fluch ist, dass der Kakaomarkt so klein ist, dass man mit wenig Mitteln viel bewirken kann“, sagt Schoko-Hersteller Riegelein. Er hat seinen Kakao-Bedarf für die diesjährige Produktion mehrerer Millionen Schoko-Weihnachtsmänner inzwischen schon gedeckt. Die gestiegenen Kosten müsse er aber an den Handel weitergeben. Damit werden wohl auch die Verbraucher am Ende stärker zur Kasse gebeten werden.
Trotzdem dürfte die Population der Schoko-Weihnachtsmänner auch in diesem Winter nicht nennenswert schrumpfen. Alle Jahre wieder produziert die deutsche Schoko-Branche rund 100 Millionen der Hohlfiguren. Auch der Verzehr bleibt seit Jahren konstant: Durchschnittlich isst jeder Mensch in Deutschland rund 90 Tafeln Schokolade pro Jahr – den größten Teil davon im Winter.