Mehr Gütertransport über das Wasser könnte die Straßen entlasten. Doch die Schifffahrt über kurze Distanzen kämpft mit Problemen.
Hamburg. Die Schifffahrt kann die geplanten strengen Schwefel-Grenzwerte in Nord- und Ostsee ab 2015 vermutlich nicht einhalten und fordert einen Aufschub von fünf Jahren. Es gebe bislang keine ausgereiften technischen Lösungen, um den geforderten Grenzwert von 0,1 Prozent Schwefel im Treibstoff auf den vorhandenen Schiffen zu erreichen, sagte Hanns Heinrich Conzen, Geschäftsführer der TT-Line, am Montag in Hamburg. „Wir müssen den nächsten Schritt gehen, aber er muss auch machbar sein.“ Nun sollten nach Ansicht der Reeder zunächst einmal Abgasreinigungsanlagen im Rahmen eines Pilotprojektes entwickelt und getestet werden.
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Conzen hält es für „höchst realistisch“, eine Fristverlängerung für die bereits beschlossenen Schwefel-Grenzwerte bei der Internationalen Schifffahrts-Organisation IMO durchzusetzen. Schon jetzt gilt in Nord- und Ostsee ein strenger Schwefel-Grenzwert von
1,0 Prozent, während auf den übrigen Meeren 3,5 Prozent zulässig sind. Eine weitere Absenkung würde nach Conzens Worten nicht nur Investitionen von mehreren Millionen Euro je Schiff erfordern, sondern die Treibstoffkosten um weitere 80 Prozent in die Höhe treiben. Die seien aber nach den massiven Verteuerungen der vergangenen Jahre schon heute der größte Kostenblock. Zudem sei der geforderte Treibstoff nicht in den nötigen Mengen verfügbar.
Die strengen Umweltauflagen sind nur eines von zahlreichen Problemen der Reeder, die im Kurzstrecken-Verkehr in Europa tätig sind. Kurzstrecken machen rund 60 Prozent des Güterumschlags in den deutschen Häfen aus und die Reeder sehen weitere erhebliche Wachstumspotenziale. Der Transport über das Wasser könne die Engpässe in der europäischen Verkehrs-Infrastruktur entlasten und sei umweltfreundlicher und effizienter als der Transport per Lkw, sagte Markus Nölke, Geschäftsführer des ShortSeaShipping Inland Waterway Promotion Center (SPC). Darin sind öffentliche und private Institutionen und Unternehmen zusammengeschlossen.
Aktuell leide die Branche jedoch unter hohen Kosten und niedrigen Frachtraten, so dass viele Schiffe kaum mehr wirtschaftlich betrieben werden könnten und ihre Reeder Tilgungszahlungen ausgesetzt hätten, sagte Torsten Westphal, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Arkon Shipping in Haren (Ems). Die Finanzierung neuer Schiffe sei schwierig, weil die Schiffsbanken strengeren Risikovorschriften unterliegen. „Wir brauchen eine Bündelung der Kräfte“, sagte Westphal. Ein erster Schritt könnten verstärkte Kooperationen sein, ein weiterer Fusionen und Zusammenschlüsse innerhalb der Branche.
In Europa sind rund 1400 Schiffe auf 1000 Routen im Kurzstrecken-Verkehr eingesetzt. Sie transportierten vor der Krise (2007) 765 Millionen Passagiere, 138 Millionen Pkw und etwa 28 Millionen Lkw. Dieses Niveau sei bereits annähernd wieder erreicht.
(dpa)