Mehr als 150 Risse in der neuen Kaimauer. Das Vorzeigeprojekt wird zunehmend zum Problem. Unklar, ob Starttermin im August zu halten ist.

Bremen/Wilhelmshaven. Um den Start des JadeWeserPorts im August ist ein heftiger Streit drüber entbrannt, ob der Termin eingehalten werden kann. Der künftige Betreiber des ersten deutschen Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven, Eurogate, hält den Zeitplan inzwischen für unrealistisch. Die niedersächsische Landesregierung geht davon aus, dass der Termin eingehalten wird. Die Opposition fordert nun, dass das Thema zur Chefsache wird.

"Von unserer Sicht aus ist der 5.8. möglich, und Eurogate hat sich vertraglich verpflichtet am 5.8. in Betrieb zu gehen“, sagte Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) am Mittwoch. Wenn Eurogate das nicht einhalte, werde laut Vertrag ein zweistelliger Millionenbetrag an die Hafen-Realisierungsgesellschaft fällig. Wegen der Reparaturen an der Kaimauer werde der Probebetrieb von Anfang Mai an nur eingeschränkt möglich sein, sagte Eurogate-Chef Emanuel Schiffer. Das werde Auswirkungen auf die Eröffnung des Hafens haben.

+++ Keine Hamburger Beteiligung am Jade Weser Port +++

Mit dem JadeWeserPort wollen Niedersachsen und Bremen der europäischen Konkurrenz in Rotterdam und Amsterdam die Stirn bieten. Doch bei dem Vorzeigeprojekt häufen sich die Probleme. In der Kaimauer klaffen mehr als 150 Risse, weil die Verbindungen zwischen den einzelnen Stahlbohlen auseinandergegangen sind. Die Baufirmen wollen diese mit einer Betonwand abdichten. Deshalb wird Eurogate seine Anlagen nach Angaben der Realisierungsgesellschaft zunächst nur auf einer Länge von 400 Metern testen können.

Zum 5. Mai sollte laut Vertrag aber eine Kaje mit 1000 Metern Länge betriebsbereit sein. "Wenn dieser Termin nicht gehalten wird, wird auch der Folgetermin nicht gehalten“, sagte Schiffer mit Blick auf die Eröffnung des Hafens. Bode betonte dagegen, dass ein Probebetrieb nicht vereinbart worden sei. Der Bauherr werde am 5. Mai 1000 Meter Kaje übergeben, deren Standfestigkeit garantiert sei. Damit seien die Vertragsbedingungen erfüllt.

+++ Experten: Zweifel an Reparaturplan +++

Eigentlich sollten bereits Anfang des Jahres die ersten Schiffe den neuen Hafen anlaufen. Doch Eurogate hatte den Termin wegen der Wirtschaftskrise um neun Monate nach hinten verschoben. Inwieweit die Schäden an der Kaimauer für weitere Verzögerungen sorgen werden, ist noch offen. Zurzeit laufen die letzten Stabilitätstests, im Mai soll der Bau der Betonwand beginnen. Die Reparaturkosten schätzte die Realisierungsgesellschaft auf 40 bis 50 Millionen Euro. Experten bezweifeln jedoch, ob die Betonwand dauerhaft tragfähig sein wird.

Eurogate hatte ein niederländisches Unternehmen beauftragt, diese Lösung zu prüfen. "Eine Umsetzung des Konzepts wird von unseren Gutachtern nicht empfohlen“, sagte Schiffer. Stattdessen bevorzugten diese eine zweiten Stahlwand vor der beschädigten Kaimauer. Deren Bau würde drei bis sechs Monate dauern. Eine Expertise der Bremer Hafengesellschaft Bremenports kommt zu einem ähnlichen Schluss.

Welche Lösung am Ende gewählt wird, entscheidet allein die Realisierungsgesellschaft. Doch die Zeit drängt. Bremens Wirtschaftsstaatsrat Heiner Heseler, der stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat der Realisierungsgesellschaft ist, hat deren Geschäftsführung nun aufgefordert, technische Alternativen zu der Betonwand zu prüfen. Bremens Hafensenator Martin Günthner (SPD) appellierte an alle Beteiligten, eine gemeinsame Lösung zu finden.

Die SPD im niedersächsischen Landtag forderte Regierungschef David McAllister (CDU) auf, einzugreifen. Es müsse alles dafür getan werden, dass der Hafen pünktlich starte, teilte der hafenpolitische Sprecher Jürgen Krogmann mit. Die Grünen und Die Linke warfen Bode vor, das Problem zu bagatellisieren. Ein Fehlstart würde einen großen Imageschaden für den Hafen bedeuten.

Auch Eurogate-Chef Schiffer bezeichnete die Situation in dieser Hinsicht als misslich. Probleme für den Containerumschlag im neuen Tiefwasserhafen sieht er aber nicht. Eurogate werde die zugesicherte Menge von 700.000 Boxen im ersten Betriebsjahr einhalten, die hauptsächlich die dänische Großreederei Maersk verschiffen soll. Im zweiten Jahr sollen dann weitere Kunden dazukommen. (dpa)