Fast alle Firmen der Kirch-Gruppe haben die Insolvenz vor zehn Jahren in der einen oder anderen Form überlebt. Viele Manager, die unter Leo Kirchs Fittichen groß wurden, spielen heute noch in der ersten Liga mit.

München. Der Kirch-Konzern ist vor zehn Jahren unter seiner Schuldenlast zusammengebrochen, Leo Kirch starb im Alter von 84 Jahren im vergangenen Jahr. Aber die von ihm geschaffenen Fernsehsender und Firmen bestimmen die Medienlandschaft weiterhin mit, und manchmal funktionieren auch die alten Seilschaften noch.

„Mein Haus kann nur der Dieter bestellen“, hatte Leo Kirch bei seinem 75. Geburtstag 2001 gesagt. Dieter Hahn war damals Geschäftsführer der KirchMedia, und er blieb auch nach der Insolvenz Kirchs rechte Hand. Zusammen verklagten sie die Deutsche Bank auf Schadenersatz in Milliardenhöhe – Ausgang noch ungewiss. Und zusammen sind Kirchs Erben und Dieter Hahn heute wieder die größten Aktionäre der Constantin Medien AG. Die Gruppe vereint viele ehemalige Kirch-Engagements.

Dort finden sich auch viele alte Bekannte. Aufsichtsratschef ist Fred Kogel. Als Programmgeschäftsführer von Sat.1 hatte er 1995 Thomas Gottschalk und Harald Schmidt zu dem Kirch-Sender geholt, später wurde er Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 und unter Hahn stellvertretender Geschäftsführer der KirchMedia. Die Firma Kogel & Schmidt produzierte seit 2004 Schmidts Late-Night-Sendungen bei der ARD und seit 2011 die „Harald-Schmidt-Show“ bei Sat.1 – bis Mai noch, dann ist wegen schlechter Einschaltquoten Schluss. Langweilig dürfte dem 51-jährigen Kogel trotzdem nicht werden – unter anderem ist er auch Manager des Schauspielers Til Schweiger.

Stellvertretender Constantin-Aufsichtsratschef ist Werner E. Klatten – früher Sat.1-Geschäftsführer, ab 2001 Nachfolger von Thomas Haffa an der Spitze der EM.TV AG. Hahn ist nur einfaches Aufsichtsratsmitglied, obwohl er selbst 3 Prozent und zusammen mit Kirchs Erben weitere 19 Prozent hält.

Constantin Film, der Fernsehsender Sport1, die Produktionsfirma Plazamedia – unter dem Dach des Constantin-Konzerns finden sich viele ehemalige Kirch- und EM.TV-Firmen wieder. Er vermarktet auch die Champions League und den Eurovision Song Contest. Fast wie die alte Kirch-Gruppe im Kleinformat.

ProSiebenSat.1, Kirchs einstiges Flaggschiff, segelt weiter fast auf Augenhöhe mit RTL, mit einem Marktanteil von gut 20 Prozent. Der Fernsehkonzern im Münchner Vorort Unterföhring gehört aber inzwischen US-Finanzinvestoren und wird von einem Vorstand gesteuert, der nichts mehr mit Kirch zu tun hatte. Urs Rohner, der von 2000 bis 2004 an der Spitze gestanden hatte, ist heute Verwaltungsratspräsident der großen Schweizer Bank Credit Suisse in Zürich.

Einen Steinwurf von ProSiebenSat.1 entfernt ist das Hauptquartier des Abosenders Sky. Die Zuschauer sehen hier die Fußball-Bundesliga live, die Besitzer rote Zahlen. Kirch versenkte hier Milliarden und verursachte damit letztlich die Insolvenz seines Konzerns. Sein Ziehsohn Georg Kofler, der 1987 als Büroleiter bei ihm angefangen, dann ProSieben gegründet und zum Erfolg geführt hatte, brachte Premiere 2005 an die Börse und zum einzigen Mal in die Gewinnzone. Dann verzockte er sich im Bundesliga-Poker, ging als reicher Mann und ist seither mit Energiefirmen selbstständig.

Medienmogul Rupert Murdoch hatte schon als Mitbesitzer der KirchPayTV viel Geld verloren. Nach der Insolvenz wagte er trotzdem einen neuen Anlauf – heute gehört ihm die Hälfte von Sky, und vielleicht schafft er wirklich noch den Durchbruch zum profitablen Geschäft.

Kirchs legendärer Filmhandel ist wieder in der Hand des Mannes, der ihn schon bei KirchMedia gemanagt hatte: Jan Mojto. Sogar der Firmenname Beta lebt weiter. Mojto gehören heute die deutschen Rechte an Serien wie „Sex and the City“ oder den „Simpsons“ und 6500 Kinofilme wie „Transporter“, „Die Gangs von New York“, „Citizen Kane“ oder „Die Feuerzangenbowle“.

Aus dem Netzwerk gefallen ist dagegen Thomas Haffa. Er hatte als Vermarkter bei Kirch Karriere gemacht und war mit seiner eigenen Firma EM.TV ab 1997 zum Börsenstar aufgestiegen. So steil wie der Aufstieg war aber auch der Absturz – nach der Korrektur falscher Geschäftszahlen im Sommer 2000 verloren die Anleger Milliarden, und Thomas Haffa wurde zu einer Millionenstrafe verurteilt. Später kaufte er den insolventen Anhänger-Hersteller Kögel, heute ist er Chef der Münchner Charterfluggesellschaft Air Independence. Aber die Münchner Society halte Abstand, heißt es.