Joint Venture mit chinesischem Konzern TPV startet Produktion von TV-Geräten. Zunächst keine Auswirkungen für Standort Hamburg.
Hamburg. Der niederländische Elektronikkonzern Philips hat die Ausgliederung seiner Fernseherproduktion vollzogen, die im vergangenen Jahr beschlossen worden war. Gestern nahm das neue Gemeinschaftsunternehmen TP Vision seine Arbeit auf. 70 Prozent an der Gesellschaft hält der taiwanesische Elektronikkonzern TPV Technology mit Sitz im chinesischen Hongkong, 30 Prozent liegen bei Philips. "Wir wollen uns einen Platz als einer der größten Fernseherhersteller in den Märkten erarbeiten, in denen wir tätig sind", sagte der neue Chef von TP Vision, der frühere Philips-Manager Maarten de Vries, dem Abendblatt. Das Unternehmen soll Fernseher unter der Marke Philips entwickeln, herstellen und vermarkten.
Der Markt für Fernsehgeräte, an dem europäische Hersteller wie Philips früher weltweite Spitzenpositionen einnahmen, wird mittlerweile fast völlig von asiatischen Unternehmen dominiert, allen voran Samsung aus Südkorea. Nach mehreren verlustreichen Jahren hatte der Philips-Vorstand 2011 beschlossen, das Fernsehergeschäft in ein Gemeinschaftsunternehmen mit TPV einzubringen. TPV Technology ist als Auftragsfertiger für eine Reihe von Anbietern nach eigenen Angaben weltweit der drittgrößte Hersteller von Fernsehgeräten, bei Computermonitoren steht der Konzern auf Rang eins.
+++ Philips gibt Produktion von TV-Geräten ab +++
Philips bringt in TP Vision seine gesamte Fernsehersparte mit insgesamt 3300 Mitarbeitern und Hauptsitz in Amsterdam ein. Damit ist die Transaktion de facto eine Übernahme durch TPV Technology. Die Zahl der bisherigen Stellen, die von Philips an TP Vision übergehen, soll laut de Vries konstant bleiben. In Deutschland ist Philips mit 16 Prozent Marktanteil der zweitgrößte Anbieter von Fernsehern. Wie viele Mitarbeiter in der Deutschland-Zentrale von Philips in Hamburg bislang im Fernsehergeschäft tätig waren, vor allem in der Vermarktung, gibt das Unternehmen nicht an. Nach Abendblatt-Informationen soll die Zahl der Stellen in der Hansestadt konstant bleiben.
Brachialer Kostendruck und eine hohe Innovationsgeschwindigkeit führten dazu, dass die europäische Fernseherproduktion in den vergangenen Jahrzehnten großteils entweder eingestellt wurde oder nach Asien abwanderte. Große deutsche Hersteller wie Grundig oder Telefunken gingen unter. Die Marken existieren zwar noch, dahinter stehen aber keine eigenständig produzierenden Unternehmen mehr.
Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich jetzt bei Philips. Anstatt mit hohen Investitionen eine Weltmarke aufzubauen, übernimmt TPV Technology das Fernsehergeschäft der Niederländer. Vom kommenden Jahr an soll Philips für seinen Anteil an dem Gemeinschaftsunternehmen eine jährliche Lizenzzahlung von 50 Millionen Euro erhalten. Im Jahr 2010, dem letzten Geschäftsjahr vor dem Verkaufsbeschluss, hatte die Fernsehersparte von Philips rund drei Milliarden Euro Umsatz und mehrere Hundert Millionen Euro Verlust erwirtschaftet. "Wir wollen mit TP Vision ein profitables Wachstum erreichen und ein gewinnträchtiges Unternehmen sein", sagte de Vries. Die Stärke der Marke Philips bei Innovation und Vertrieb ergänze sich ideal mit der Größe und Schlagkraft von TPV Technology auf der Produktionsseite.
Philips zählt mit 122 000 Mitarbeitern in mehr als 100 Ländern nach wie vor zu den großen Elektronikherstellern weltweit. Für 2011 wies das Unternehmen 22,6 Milliarden Euro Umsatz aus. Von einer früher extrem breiten Produktpalette wurde Philips in den vergangenen zehn Jahren allerdings auf die drei Geschäftsbereiche Medizintechnik, Lichttechnik sowie Haushalts- und Konsumentenelektronik - etwa Zahnbürsten oder Kaffeemaschinen - konzentriert. Der Konzern gab zahlreiche Sparten auf, etwa das Geschäft mit Computern oder die Herstellung von Halbleitern. Vor allem in bestimmten Bereichen der Medizintechnik wie der Herzdiagnose oder auch bei energieeffizienten Lichtsystemen ist Philips nach eigenen Angaben Weltmarktführer.
Das neue Gemeinschaftsunternehmen TP Vision soll Fernseher der Marke Philips in verschiedenen Regionen und Ländern vermarkten, vor allem in Europa, Russland, dem Mittleren Osten und in Teilen Südamerikas. Keinen Zugang soll TP Vision hingegen zu großen Märkten wie den USA, Kanada und Mexiko, China, Indien und einigen Ländern in Südamerika bekommen - mutmaßlich, um das Geschäft des neuen Mutterkonzern TPV Technology dort nicht zu stören.