Die Bundeskanzlerin und der Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, berieten am Freitag in Stralsund über die Lösung der Euro-Krise.
Stralsund. Die Zeiten für Politiker in Europa sind hart: Es geht um die Existenz des Euro und die Rettung Griechenlands . Dennoch blieb beim Besuch von Euro- Gruppenchef Jean-Claude Juncker bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Stralsund auch Zeit für Kultur, um sich eine kurze Auszeit vom Euro-Stress zu gönnen. In der Unesco-Welterbestadt Stralsund ließen sie sich am Freitagnachmittag einige der wichtigsten Sehenswürdigkeiten erklären, die in Merkels politischer Heimatstadt zu bewundern sind.
„Es gefällt mir hier besser als in Brüssel, die Straßen sind schöner“, fasste Juncker nach dem Stadtrundgang seine Eindrücke zusammen. Es sei für ihn sehr angenehm gewesen zu sehen, wie die Stadt atmet und die Menschen dabei sind, sich wieder aufzufangen. „Sie haben sich schon weitestgehend aufgefangen“, fügte der Luxemburger schnell hinzu. Doch die Auszeit vom politischen Druck dauerte nicht lange, schnell verschwanden die beiden in den Ratsherrensaal des gotischen Rathauses, um über die Lösung der Euro-Krise und die weiteren Rettungsbemühungen für Griechenland zu beraten.
+++ Juncker erwartet Griechenland-Entscheidung +++
Schon zuvor hatte Merkel die griechischen Anstrengungen zur Bewältigung der Krise gelobt und an den europäischen Zusammenhalt appelliert. „Das, was Griechenland in den letzten Tagen beschlossen hat, das ist sehr, sehr viel“, sagte sie. Auf dem Jahresempfang des CDU-Wirtschaftsrates MV sprach sie sich strikt dagegen aus, Griechenland aus dem Euro-Raum auszuschließen oder pleitegehen zu lassen. „Dieser Weg ist unberechenbar und mit höchsten Risiken behaftet.“ Vor den 100 Wirtschaftsvertretern machte sie deutlich: Deutschlands Schicksal ist mit dem der Europäischen Union verknüpft. „Europa ist für Deutschland lebenswichtig.“
Auch die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern könne zur Lösung der europäischen Probleme beitragen. Merkel appellierte an die Unternehmer, sich ausländischen Arbeitskräften aus den krisengeschüttelten EU-Ländern zu öffnen. Es gebe eine europäische Arbeitsagentur, die bisher noch zu wenig bekannt sei. In Spanien seien 40 Prozent der jungen Menschen ohne Arbeit. In Deutschland herrsche dagegen Fachkräftemangel. „Wenn wir eine wirkliche Europäische Union sein wollen, dann müssen wir fragen, wie ist das mit der Mobilität der Arbeitskräfte“, betonte sie. Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit und Bürokratieabbau sollen auf dem EU-Gipfel kommende Woche zentrale Themen sein.
Zugleich forderte Merkel wegen des Fachkräftemangels die Wirtschaft auf, möglichst alle Auszubildenden zu einem Abschluss zu führen. „Wir können es nicht wieder gutmachen, wenn ein junger Mensch seine Berufsausbildung nicht schafft.“ Die Folge davon seien hohen Kosten für die Allgemeinheit. Für den Abend hatte Merkel zu ihrem traditionellen Neujahrsempfang in ihrem Wahlkreis geladen.
(dpa/abendblatt.de)