Jobcenter in Hamburg betreut Hartz-IV-Empfänger und Langzeitarbeitslose. 131.000 Menschen setzen auf neuen Geschäftsführer Friedhelm Siepe.
Hamburg. Friedhelm Siepe steht vor einer Mammutaufgabe. 131.000 Menschen betreut seine Behörde, das Jobcenter Hamburg. Es sind Arbeitslose, die länger als ein Jahr ohne Job sind, und Hartz-IV-Empfänger, viele von ihnen in Weiterbildungen oder Kursen zur Qualifizierung. 75.000 von ihnen gelten nicht einmal mehr als offiziell arbeitslos. Viele der Betroffenen haben mit Suchtproblemen zu kämpfen, gelten als schwer vermittelbar. Doch genau das hat Siepe sich zum Ziel gesetzt: "Am besten wir finden für sie einen sozialversicherungspflichtigen Job", sagt der 59-Jährige. 2200 Mitarbeiter unterstehen dem gebürtigen Lübecker nun, der als Jugendlicher eine Ausbildung beim Arbeitsamt machte und danach viele Sprossen auf der Karriereleiter der Behörde nach oben kletterte.
Mit seinem Wechsel nach Hamburg ist der neue Geschäftsführer, der zuvor knapp vier Jahre stellvertretender Leiter der Arbeitsagentur-Regionaldirektion in Kiel war, zu einer Vermittlungsoffensive angetreten. Die Voraussetzungen dafür sind durch die bislang stabile Konjunktur am Arbeitsmarkt gar nicht schlecht. "Die Firmen suchen weitere Kräfte und sind bereit, Kompromisse bei der Ausbildung zu machen oder neue Leute einige Wochen oder Monate einzuarbeiten", sagt Siepe. So wurden ohne jede finanzielle Förderung 2011 rund 17.700 Menschen aus dem Hartz-IV-Bereich in neue Arbeit vermittelt - 4700 mehr als im Jahr zuvor. Dass das Jobcenter dann aber 20 Millionen Euro nicht ausgab und an den Bund zurückzahlte, trug der Leitung in Hamburg scharfe Kritik ein. "Uns geht es aber nicht darum, unseren Etat in jedem Fall auszugeben, sondern die Steuergelder effektiv einzusetzen", verteidigt Siepe den Kurs. "Schließlich müssen wir wirtschaftlich handeln."
Trotz der Erfolge, das weiß der Experte, sind den Vermittlungsmöglichkeiten Grenzen gesetzt. So sank die Zahl der Kunden des Jobcenters 2011 statt wie erhofft um 17.000 nur um 5000, weil immer wieder Arbeitslose aus der Versicherung in die Bedürftigkeit abrutschen. Allerdings sind nur 75.000 der 131.000 in der Lage, mehr als 15 Stunden pro Woche zu arbeiten. Nur sie können daher Arbeitgebern angeboten werden. Zwei Drittel von ihnen waren zudem lange nicht mehr regelmäßig tätig, sodass sie vom Jobcenter als "marktfern" angesehen werden. Das bedeutet: Ohne psychologische Stabilisierung und Weiterbildung können sie keine neue Beschäftigung antreten.
Die Fördermittel für diese Menschen werden jedoch in diesem Jahr weiter schrumpfen. Das geht zum einen auf die Sparmühungen des Bundes, zum anderen aber auch auf die weiter sinkende Zahl der von Hartz IV Betroffenen zurück. "In Hamburg werden nach 134 Millionen Euro für 2011 in diesem Jahr noch 110 Millionen Euro zur Verfügung stehen", sagt Siepe. Für 2013 sind derzeit 89 Millionen Euro geplant.
"Aber auch mit den 110 Millionen Euro können wir in diesem Jahr etwas bewegen", ist der verheiratete Familienvater, der in Tornesch (Kreis Pinneberg) wohnt, überzeugt. Größter Brocken im Etat bleiben dabei mit 27,8 Millionen Euro die Ein-Euro-Jobs, obwohl sie als wenig effizient gelten. "Wir gehen davon aus, dass weniger als jeder Zehnte der Geförderten eine Arbeit aufnehmen kann", sagt Siepe. Dennoch haben sich Jobcenter, Arbeitsagentur und Sozialbehörde darauf geeinigt, aus sozialen Gründen 500 zusätzliche Ein-Euro-Jobs anzubieten. "Wir erwarten jetzt die Bewerbungen der einzelnen Organisationen und Vereine, werden aber genau prüfen, ob die Arbeiten zusätzlich sind und keine regulären Firmen im Wettbewerb benachteiligen", sagt der Jobcenter-Chef, der in seiner Freizeit gerne joggt und Musik hört.
Nicht gespart werden soll dagegen bei der Förderung von Schulabgängern. Für sie will Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bis zum 1. August alle Aktivitäten der städtischen Jugendhilfe, von Schulen, Jobcenter und Arbeitsagentur in einer Jugend-Berufs-Agentur, bündeln. Siepe will vor allem bei Jugendlichen eingreifen, die ohne Hauptschulabschluss dastehen. Für 2011 ist die offizielle Quote zwar auf sieben Prozent aller Schulabgänger gesunken. Möglichweise sind jedoch noch nicht alle Betroffenen statistisch erfasst. "Wir wollen künftig möglichst ganz verhindern, dass Jugendliche ihre berufliche Karriere mit Arbeitslosigkeit beginnen", sagt Siepe. Dies zu schaffen ist ein kleiner Teil seiner neuen Mammutaufgabe.