Der Hamburger Modefilialist Tom Tailor mischt seit fünf Jahrzehnten in der Bekleidungsbranche mit. Und plant den Milliarden-Umsatz.

Hamburg. Der Hamburger Modefilialist Tom Tailor weitet sein Angebot aus. Von Juli an sollen Unter- und Nachtwäsche für Frauen ins Sortiment aufgenommen werden. Damit erhöhe sich die Zahl der in Lizenz gefertigten Produktgruppen auf 20, teilte das Unternehmen am Dienstag in Hamburg mit. Die Düsseldorfer Atlas Design GmbH erhielt die Lizenz für die Wäscheprodukte. Tom Tailor vertreibt Freizeitbekleidung und Accessoires in 240 eigenen Geschäften, über mehr als 150 Franchise-Läden sowie auf knapp 1800 abgeteilten Flächen in Kaufhäusern und Einkaufszentren weltweit. Von den mehr als 400 Millionen Euro Umsatz (2011) kommen etwa 35 Prozent aus dem Auslandsgeschäft.

50 Jahre Tom Tailor - Ein Hamburger Unternehmen

„Casual fashion – 50 Jahre – mhm.“ Der Vorstandschef des Modefilialisten Tom Tailor, Dieter Holzer, schmunzelt. Lässige Freizeitbekleidung und ein betagtes Firmenjubiläum in diesem Jahr passen für ihn nicht so recht zusammen. Doch um eine Idee ist Holzer nicht verlegen: „Wir drehen es um, wir feiern den Kunden und nicht so sehr uns“, sagt der für die strategische Planung zuständige Manager. Mit welchen Angeboten das Unternehmen die Kunden zum runden Geburtstag einladen wird, steht noch nicht fest. Ebenso wie der Termin dafür. Klar zeichnen sich dagegen schon die Modetrends für das Frühjahr 2012 ab: Die Frauen sollen es farbig mögen, Blumen und ornamentale Drucke zieren die Stoffe. Männer tragen unter anderem ein gewaschenes Jeans-Hemd zur hochgekrempelten farbigen Chino-Hose nebst Boots-Stiefeln.

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„Wir bieten die Farbe pink an, wenn sich pink als Trend im Markt verdichtet“, sagt Holzer. Der Modeanbieter setzt keine eigenen Trends, sondern stellt sich auf den Geschmack einer breiten Masse ein - den „Markt der Mitte“, wie der Manager es nennt. Seit mehr als fünf Jahren leitet der 47-Jährige das Unternehmen. „Wir wachsen über alle Produkte, Märkte und Vertriebskanäle. Wir sind mit der Entwicklung 2011 zufrieden“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Noch liegen die Bilanzzahlen 2011 nicht vor, aber das Ziel von mehr als 400 Millionen Euro Umsatz habe der Konzern erreicht (2010: 348 Mio). Nach einem Verlustjahr war 2010 ein um die Aufwendungen für den Börsengang bereinigter Gewinn nach Steuern von 12,4 Millionen Euro ausgewiesen worden. Durch die Aktienausgabe hatte sich Tom Tailor 143 Millionen Euro zum Schuldenabbau und zur Finanzierung seiner europaweiten Expansion besorgt.

Denn der Vorstandschef hat ein wichtiges Ziel: zu den Großen im Markt aufschließen. Zwar hat Tom Tailor bis zu den Milliarden-Machern wie S.Oliver (Umsatz: 1,3 Mrd) oder Esprit (3,2 Mrd) noch eine Strecke vor sich. Doch eine „Spiegel“-Markenstudie (2011) bescheinigte dem Unternehmen, auf dem aus seiner Sicht richtigen Weg zu sein. Seit 2007 ist laut Studie die Marke stärker in das Bewusstsein der Käufer gedrungen und gehört mittlerweile zu den zehn bekanntesten Modemarken in Deutschland.

Noch mehr freut sich Holzer über die gestiegene Bereitschaft von Kunden, Produkte des Unternehmens kaufen zu wollen. Mit 76 Prozent liegt die Kaufbereitschaft laut Studie gleichauf mit Levi’s, Esprit und H&M. Tom Tailor bietet seine Freizeitbekleidung im mittleren Preissegment für Erwachsene, Teenager und Kinder an. Vor zwei Jahren kam Babybekleidung hinzu. 2011 wurde die Palette der fast zwei Dutzend Lizenzprodukte um Betten und Kleiderschränke erweitert, die Partnerfirmen erlösten insgesamt rund 70 Millionen Euro. Von Juli an soll es auch Unter- und Nachtwäsche für Frauen geben.

„Marktführerschaft können wir nur durch Lifestyle mit System erreichen“, sagt Holzer. Die Kaufgewohnheiten der Kunden werden mit einem ausgefeilten Warenwirtschaftssystem durchleuchtet, die Erkenntnisse von Trendscouts über die Mode von Morgen und des Wettbewerbs fließen ein. „Das ist unsere Leidenschaft und der Schlüssel für unseren Erfolg“, ergänzt Holzer. Wie die großen Wettbewerber bietet Tom Tailor zwölf Kollektionen im Jahr an. „Wir wollen die Wünsche unserer Kunden bestmöglich treffen. Daher fällen wir die Entscheidung, was wir verkaufen, so spät wie möglich im Designprozess“, erläutert der Stratege. Die Liefermengen sollen passen – möglichst ohne Ladenhüter.

Um zu wissen, was der Kunde will, ist der Manager gut ein Drittel des Jahres selbst in den Beschaffungs- und Absatzmärkten unterwegs. Die Ware, die nach den eigenen Entwürfen überwiegend aus China, Bangladesch, Indien und Indonesien kommt, wird mittlerweile in rund 240 eigenen Geschäften, über mehr als 150 Franchise-Läden sowie auf fast 1800 Shop-in-Shop-Flächen weltweit verkauft. 35 Prozent des Umsatzes kommen aus dem Auslandsgeschäft, doch auch den deutschen Markt sieht das S-Dax-Unternehmen lange nicht ausgereizt. Sein Wachstum spiegelt sich auch in der Zahl der Mitarbeiter wider: Ende 2011 gab es rund 1550 Beschäftigte, zwei Jahre zuvor waren es erst 838. In der Hamburger Firmenzentrale mit Showroom für die Einkäufer des Einzelhandels sind rund 400 Mitarbeiter tätig.