Konzerne geben Preissenkungen nicht weiter - und kassieren so 2009 rund 1,6 Milliarden Euro zu viel.
Hamburg. Die Gas- und Strompreise bleiben trotz erster Abschläge für die Endverbraucher nach Expertenansicht viel zu hoch. Laut einer Branchenumfrage können die Verbraucher in diesem Jahr kaum mit niedrigeren Strompreisen rechnen. Fast 60 Prozent der befragten Stromkonzerne erwarteten stabile Tarife und ein Drittel rechne sogar mit steigenden Preisen, ermittelte die Personalberatung Russell Reynolds Associates in Zusammenarbeit mit der "Financial Times Deutschland".
Nur ein Bruchteil lasse Preissenkungen erwarten. Gesunkene Kosten der zur Stromproduktion wichtigen Rohstoffe würden nicht an private Verbraucher weitergereicht. So will auch der Hamburger Versorger Vattenfall seine Preise nicht senken. Die Begründung: Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten habe Vattenfall seine Preise seit Juli 2007 nicht angehoben.
Die Gasversorger hingegen reichen die möglichen - an den Ölpreis gekoppelten - Preissenkungen im Schnitt nur zur Hälfte an die etwa 40 Millionen Haushaltskunden weiter, heißt es in einer Studie im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion. Die Gasversorger kassierten so ungerechtfertigt 1,6 Milliarden Euro. Laut dem Verbraucher-Internetdienst Toptarif.de kommen 540 Millionen hinzu, weil die meisten der 750 Gasversorger die Preise erst im April und nicht schon im Februar gesenkt hätten. Damit verdienten die Unternehmen gut 2,1 Milliarden Euro.
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und der Deutsche Mieterbund forderten die volle Weitergabe der gesunkenen Ölpreise auf die Gaspreise. "Bereits im Herbst 2008 wurde dies nach Gesprächen mit der Gaswirtschaft angemahnt", erklärte Guttenberg. Die Verbraucher sollten Möglichkeiten nutzen, den Anbieter zu wechseln. Das Ministerium arbeitet an Änderungen zur Erleichterung des Gas-Netzzugangs.
"Der Verbraucher wird abgezockt", sagte die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sprach dagegen von teilweise mehrfachen Preissenkungen "mitten in der Heizperiode".
In der Studie, die dem Abendblatt vorliegt, stellten der Energieexperten Gunnar Harms (Köln) und Uwe Leprich (Saarbrücken) fest, die untersuchten Gasversorger hätten für das zweite Quartal 2009 Preissenkungen von nur etwa zwölf Prozent angekündigt. Nach der Entwicklung der Ölpreise wäre jedoch eine Preisermäßigung von 24 Prozent angemessen. "Damit erzielen die Gasversorger (...) ungerechtfertigte Mehrerlöse von mehreren 100 Millionen Euro allein im 1. Halbjahr." In der Studie wurden fünf Großversorger - Gasag in Berlin, EWE in Oldenburg, die Helmstedter E.on-Tochter Avacon, die Rheinenergie Köln und die Münchener Erdgas Südbayern - unter die Lupe genommen.
Die Gaspreise sind mit Verzögerung an die Entwicklung der Ölpreise gekoppelt. Diese Anbindung funktioniere scheinbar nur bei steigenden Preisen, kritisierte Mieterbund-Sprecher Ulrich Ropertz. stü/HA
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