Das Bundeskartellamt nimmt angesichts des dramatischen Strompreisanstiegs die Preise der deutschen Kraftwerksbetreiber unter die Lupe. Bis zum 6. Mai müssen die 60 größten Unternehmen der Branche der Behörde in Fragebögen umfangreiche Auskunft geben.
Hamburg. Das Bundeskartellamt nimmt angesichts des dramatischen Strompreisanstiegs die Preise der deutschen Kraftwerksbetreiber unter die Lupe. Die 60 größten Unternehmen der Branche müssen der Behörde bis zum 6. Mai in umfangreichen Fragebögen Auskunft über Kosten der Stromproduktion, die Einsatzplanung der Kraftwerke und ihr Angebotsverhalten auf den Großhandelsmärkten geben, sagte Behördensprecher Kay Weidner.
Er bestätigte damit einen Bericht der "Financial Times Deutschland". Geprüft werde dabei auch der Verdacht, dass Stromkonzerne wie RWE, E.on, Vattenfall oder EnBW durch absichtliche Verknappung der Strommengen, die Preise an der Leipziger Strombörse EEX und im Großhandel künstlich verteuert haben könnten, sagte Weidner. Die vier Versorger verfügen zusammen über den Großteil des Kraftwerksparks.
Das Kartellamt starte damit erstmals eine sogenannte Sektoruntersuchung im Strommarkt und verschärfe die Gangart im Streit mit der Branche, schrieb die Zeitung. Mit der Untersuchung erfassen die Wettbewerbshüter nach eigenen Angaben weit über 90 Prozent der Erzeugungskapazität in Deutschland.
Kartellverfahren möglich
Die Überprüfung ist ergebnisoffen. Ein wesentliches Ziel sei ein besseres Verständnis der Märkte. "Aber man macht eine solche Untersuchung natürlich nicht da, wo Kampfpreise existieren, sondern nur da, wo der Wettbewerb nicht so gut funktioniert", sagte Weidner.
Deshalb sei auch nicht ausgeschlossen, dass aufgrund der Ergebnisse Missbrauchs- oder Kartellverfahren eingeleitet würden. Bei der Untersuchung des Bundeskartellamtes werden die in den Jahren 2007 und 2008 in Deutschland je Stunde erzeugten, angebotenen und verbrauchten Strommengen fast vollständig erfasst, um das Marktgeschehen realitätsnah nachbilden zu können. Dazu müssten mehrere Millionen Datensätze ausgewertet werden, betonte Weidner. Dies werde "mindestens mehrere Monate" in Anspruch nehmen.
Verbraucherschützer zeigen sich skeptisch
Die Möglichkeit zu sogenannten Sektorenuntersuchungen wurde 2005 ins Kartellrecht eingefügt. Ähnliche Untersuchungen hatte das Kartellamt im vergangenen Jahr bereits in der Mineralölindustrie und bei den Betreibern von Ferngasnetzen gestartet. Beide Verfahren laufen derzeit noch.
Deutschlands größte Stromproduzenten E.ON und RWE sicherten dem Kartellamt bereits ihre Mitarbeit bei der Untersuchung zu. Der Energieexperte des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale Holger Krawinkel zweifelt an einem Erfolg der Kartellamtsbemühungen.
Solange die Bundesregierung eine grundlegende Verbesserung der Wettbewerbsstrukturen auf dem Energiemarkt blockiere, könne das Bundeskartellamt keine durchgreifenden Änderungen erreichen. Der deutsche Verbraucher werde vorerst weiter die Zeche für die internationale Expansion der deutschen Energieriesen zahlen. abendblatt.de/AP
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