Peking befiehlt Fluglinien, Geschäfte im Jahr 2009 wegen Krise zu stoppen. Flugzeugbauer noch nicht informiert.

Hamburg. Neue Gefahr für die Flugzeugbauer von Airbus: Die chinesische Luftfahrtbehörde CAAC hat gestern die Fluggesellschaften des Landes aufgefordert , die Annahme bestellter Jets zu verschieben oder zu stornieren. Als Hintergrund gilt die weltweite Konjunkturkrise, die sich auch in China auswirkt (siehe Infokasten), und die schwierige Lage der Fluggesellschaften. So haben die drei größten Gesellschaften Air China, China Eastern und China Southern im dritten Quartal Verluste eingeflogen. Experten rechnen bereits damit, dass die gesamte Branche zum Jahresende rote Zahlen schreiben wird.

Die Auswirkungen auf Airbus und den US-Konkurrenten Boeing sind derzeit jedoch noch ungewiss. "Wir haben weder von den Behörden noch von einer der Airlines Anfragen vorliegen, nach denen Aufträge storniert oder verschoben werden sollen", sagte Airbus-Sprecher Tore Prang gestern dem Abendblatt. Derzeit fliegen 450 Airbus-Jets für chinesische Fluggesellschaften, 430 sind bestellt. Allein knapp 89 der bestellten kleinen Airbus-Typen, 27 Jets des Typs A319 und 62 des Typs A321, werden in Hamburg endmontiert. Allerdings sind in dieser Rechnung die Bestellungen bei Leasing-Gesellschaften aus China noch nicht enthalten.

Zum Vergleich: Airbus wird in diesem Jahr 470 Flugzeuge abliefern. Der gesamte Auftragsbestand liegt bei 3740 Jets. Für alle sind Abnahmeverträge mit den Kunden geschlossen sowie Anzahlungen geleistet, so dass die Stornierungen mit hohen Kosten für die Chinesen verbunden wären.

Dennoch hält Winfried Becker, Analyst bei Oppenheim Research, Stornierungen und Verschiebungen für möglich. "In ihrer Wirtschaftspolitik sind die Chinesen hart und nehmen wenig Rücksicht", sagte er gestern dem Abendblatt. Zudem wollten sie eine eigene Flugzeugindustrie aufbauen. Dazu gehört etwa die Entwicklung des Regionaljets vom Typ ARJ21. Von dem 90-Sitzer hat die Leasinggesellschaft des US-Konzerns GE gerade fünf Jets bestellt und Optionen für 20 weitere Flugzeuge vereinbart.

Gleichzeitig wurde jedoch in Zusammenarbeit mit den europäischen Flugzeugbauern Ende September ein neues Werk mit einer Endmontagelinie im chinesischen Tianjin eröffnet. Dort soll Mitte 2009 die erste Maschine aus der Airbus A320-Familie an Sichuan Airlines ausgeliefert werden. Bis 2011 soll die Produktion auf vier Flugzeuge der A320-Familie pro Monat steigen.

"China dürfte nicht daran interessiert sein, die Kooperation mit Airbus wieder infrage zu stellen", so der Oppenheim-Analyst. Immerhin wäre auch die Auslastung in dem neuen Werk nicht gewährleistet, wenn die Jets der A320-Familie nicht mehr nachgefragt würden.

Airbus sieht das eigene Engagement langfristig, wie ein Sprecher sagte. Auf jeden Fall bringt der Standort den Zugang zu einem vielversprechenden Markt. Denn allein den Bedarf Chinas für die nächsten 20 Jahre schätzt Airbus auf bis zu 3000 größere Flugzeuge.

Doch seit November muss die chinesische Regierung nun ihren angeschlagenen Fluglinien finanziell unter die Arme greifen. So erhielt die Muttergesellschaft von China Southern drei Milliarden Yuan (337 Millionen Euro). Und auch China Eastern und Hainan Airlines, die viertgrößte Fluggesellschaft des Landes, wollen möglicherweise den Staat um Hilfe bitten. Ein weiteres Hilfspaket für China Eastern könnte ebenfalls in der Größenordnung von drei Milliarden Yuan liegen.

Neben der Abbestellung und Verschiebung von Auslieferungen empfahl die CAAC zur Kontrolle von Kapazitäten auch das Ausmustern älterer Maschinen. Allianzen und eine Konsolidierung unter den chinesischen Fluggesellschaften sollen unterstützt werden. Zudem sollen Gebühren, die für die zweite Jahreshälfte 2008 gezahlt wurden, zurückgegeben werden. Auch Airbus will Not leidenden Kunden unter die Arme greifen. Für Flugzeugfinanzierungen wurden 1,2 Milliarden Dollar bereitgestellt.