Die Zeichen für die deutsche Wirtschaft stehen 2009 auf Sturm. Die Bundesbank befürchtet im kommenden Jahr einen so starken Konjunktureinbruch wie zum Ende des Booms nach der Wiedervereinigung Anfang der 90er Jahre. Die Aussichten hätten sich seit Herbstbeginn „markant verschlechtert“. Erst 2010 dürfte die Konjunktur wieder anziehen.

Frankfurt. Sorgenkind Nummer eins ist die Industrie, deren Aufträge im Oktober um 6,1 Prozent wegbrachen, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Freitag in Berlin mitteilte. Gleichzeitig haben nach einer Umfrage des renommierten Münchener ifo-Instituts immer mehr Unternehmen mittlerweile Probleme an Kredite von den ihrerseits krisengeplagten Banken zu bekommen.

Preis- und kalenderbereinigt erwartet die Bundesbank 2009 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,8 Prozent. Dies wäre das schlechteste Ergebnis seit dem Rezessionsjahr 1993. Davor war die Wirtschaft nur einmal in der Geschichte der Bundesrepublik noch stärker geschrumpft, und zwar nach der Ölkrise im Jahr 1975 mit einem Minus von 0,9 Prozent.

Besonders tief in die Rezession schlittern wird die deutsche Wirtschaft nach Ansicht der Bundesbank in den kommenden Monaten. "Im Winterhalbjahr 2008/2009 ist mit einem erheblichen Rückgang der realwirtschaftlichen Aktivität zu rechnen." Das vierte Quartal werde miserabel ausfallen. Der Arbeitsmarkt wird auf die Wirtschaftsschwäche zwar mit Verzögerung reagieren, einen harten Rückschlag erwartet die Bundesbank aber nicht.

Mit ihren Wirtschaftsprognosen liegt sie im Großen und Ganzen auf einer Linie mit der Bundesregierung und verschiedenen internationalen Organisationen. So rechnen der Internationale Währungsfonds und auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) damit, dass die deutsche Wirtschaft 2009 um 0,8 Prozent schrumpft.

Finanzminister Steinbrück verwies auf Schätzungen, wonach die Wirtschaft um bis zu ein Prozent zurückgehen könnte. Noch weit pessimistischere Töne schlug am Freitag der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, an. Er kann sich einen BIP-Rückgang um bis zu vier Prozent vorstellen, sollte die Politik nicht entschlossener gegensteuern. Der Bundesrat machte am Freitag den Weg für das rund 30 Milliarden schwere deutsche Konjunkturprogramm frei. Es belastet den Staatshaushalt in den kommenden fünf Jahren mit annähernd 20 Milliarden Euro.

Dringend Unterstützung braucht die deutsche Industrie, deren Orderbücher seit Monaten dünner werden. "Die Auftragseingänge befinden sich im freien Fall", sagte Citigroup-Chefvolkswirt Jürgen Michels. "Grund ist die globale Rezession, ausgelöst durch die Finanzkrise." Das Wirtschaftsministerium befürchtet, dass die Industrie deshalb ihre Produktion in den kommenden Monaten drosseln wird.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer sind die milliardenschweren Konjunkturprogramme in aller Welt, mit denen die Regierungen versuchen die Krise abzumildern. "Hiervon kann Exportweltmeister Deutschland in besonderem Maße profitieren", meint etwa der Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. Die meisten Analysten sagen für 2009 den schärfsten Abschwung seit Jahrzehnten voraus. Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen: "Die heutigen Zahlen sind ein weiterer Beleg dafür, dass sich Deutschland in der tiefsten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg befindet."