Bundesregierung verärgert über Ackermann. Erstes Unternehmen reicht Verfassungsbeschwerde wegen Hilfspaket ein.

Hamburg/Berlin. Kaum hat die Bundesregierung die Details zu ihrem 500 Milliarden Euro schweren Rettungspaket für Deutschlands Banken verkündet, beginnt in der Branche bereits ein Streit darüber, wie die Geldhäuser mit dem Angebot umzugehen haben. Sollen sie zugreifen oder nicht? Im Fokus der Kritik steht dabei Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Er hatte bereits am Wochenende klargestellt, dass seine Bank das Geld aus dem Staatstresor nicht anrühren werde. Am liebsten wäre es ihm ohnehin, wenn "die Deutsche Bank nur für die Deutsche Bank einzustehen und die Einlagen ihrer eigenen Kunden abzusichern hätte". Und: "Die Erwartung, dass die starken für die schwachen Banken einstehen sollen, ist aus ordnungs- und wettbewerbspolitischer Sicht fragwürdig." Gestern versetzte dann ein von Spiegel.de verbreitetes Ackermann-Zitat den Berliner Politikbetrieb vollends in Aufregung: "Ich würde mich schämen, wenn wir Staatsgeld annehmen würden." Und obwohl ein Deutsche-Bank-Sprecher diesen Ausspruch später als "Kolportage" bezeichnete, meldete sich die Regierung lautstark zu Wort.

Angela Merkel (CDU) und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bezeichneten Ackermanns Worte als "bedenklich, unverständlich und inakzeptabel", teilte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg Journalisten in Berlin mit. Steinbrück sagte: "Ich fände es wünschenswert, wenn Herr Ackermann öffentlich sehr deutlich machen würde, dass er zu den Unterstützern unserer Konstruktion gehört - zumal er maßgeblich daran mitgewirkt hat." Er verlangte zudem eine Klarstellung von Ackermann, dass Finanzinstitute, die den staatlichen Hilfsfonds in Anspruch nehmen, nicht schlechter zu beurteilen seien als andere Geldhäuser.

Wolfgang Peiner, ehemaliger Finanzsenator in Hamburg und jetziger Aufsichtsratsvorsitzender der HSH Nordbank, appellierte gegenüber dem Abendblatt an alle Banken, das staatliche Hilfsangebot anzunehmen - unabhängig davon, ob sie direkte finanzielle Hilfe brauchen oder nur das Garantieangebot des Bundes nutzen. "Es wäre klug, bei dem Paket mitzumachen, um das Vertrauen der Banken untereinander zu stärken. Wir befinden uns derzeit in einer Systemkrise. Die Banken trauen einander nicht mehr und leihen sich gegenseitig kein Geld mehr aus. Mit den Garantien könnte jedoch der Internbankenverkehr wieder angekurbelt werden", sagte Peiner. "Vor diesem Hintergrund verstehe ich das Handeln von Deutsche-Bank-Chef Ackermann nicht." Kritik kam auch von Kirchenvertretern und Gewerkschaftern. "Ich vermisse Selbstkritik am Handeln von Bankern und Banken", sagte Ver.di-Vorstand Uwe Foullong.

Allerdings war auch gestern das Rettungspaket bei den Banken kaum gefragt. Mit Ausnahme der schwer angeschlagenen BayernLB hat sich bislang kein Institut beim Rettungsfonds gemeldet. Auch die Hamburger Haspa, Deutschlands größte Sparkasse, will die Hilfe der Bundesregierung nicht in Anspruch nehmen. Sie verfüge über eine "gute Liquidität", sagte eine Sprecherin dem Abendblatt. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) sagt ebenfalls Nein zu Staatshilfen.

Allerdings könnten noch weitere Landesbanken dem Beispiel der BayernLB folgen, teilte gestern der Deutsche Sparkassen- und Giroverbandes (DGSV) mit. Zumindest würden die Landesbanken "Instrumente des Programms der Bundesregierung" nutzen, hieß es. Weitere Details gab es keine. Bei der HSH Nordbank in Hamburg gab man sich gestern unschlüssig: "Wir haben heute erst die Durchführungsbestimmungen bekommen", sagte HSH-Sprecher Bernd Blohm dem Abendblatt. Man prüfe das eigene Vorgehen noch.

Während die Banken noch zögern, in den offenen Staatstresor zu greifen, hat ein Thüringer Unternehmen vorsorglich Verfassungsbeschwerde beim höchsten deutschen Gericht eingereicht. Der Vorwurf: Das Paket verstoße gegen das Gleichheitsgebot, weil Banken gegenüber anderen Unternehmen bevorzugt würden.