Einer der Bieter ist NOL aus Singapur. Klaus-Michael Kühne als Mitglied des Hamburger Bieterkonsortiums hat an die Bundesregierung appelliert, einen Verkauf von Hapag-Lloyd ins Ausland zu verhindern. Was tut Berlin?

Hamburg. Abendblatt:

Frau Wöhrl, Sie sind zur weltgrößten Schiffbaumesse SMM nach Hamburg gekommen. Allerdings interessiert die Branche derzeit auch, wer künftig Eigentümer der Reederei Hapag-Lloyd sein wird.



Dagmar Wöhrl:

Für uns ist wichtig, dass der Schifffahrtsstandort Deutschland nicht geschwächt wird. Über den Verkauf von Hapag-Lloyd entscheidet allerdings der privatwirtschaftliche Konzern TUI. Uns sind ausländische Investoren immer willkommen. Ich habe NOL-Chef Ronald Widdows aber in der vergangenen Woche in Berlin klar darauf hingewiesen, wie wichtig es aus Sicht der Bundesregierung ist, dass der Standort Hamburg erhalten und gestärkt wird.



Abendblatt:

Was hat Widdows Ihnen im Hinblick auf die Zukunft von Hapag-Lloyd gesagt, falls NOL die Reederei übernehmen sollte? Gibt es Garantien für die Arbeitsplätze in Hamburg?

Wöhrl:

Darüber ist Vertraulichkeit vereinbart. Mir ist allerdings nach dem sehr ausführlichen Gespräch mit Blick auf den Standort Hamburg nicht bange.



Abendblatt:

Wirtschaftsminister Michael Glos hat mit Äußerungen zu Hapag-Lloyd den Eindruck erweckt, ihm sei egal, an wen die Reederei verkauft wird.

Wöhrl:

Der Minister hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir ein offenes, investitionsfreundliches Land sind und ausländische Investoren nicht vor den Kopf stoßen. Aber wir favorisieren eine Hamburger Lösung.



Abendblatt:

Noch ein anderes Thema überlagert die Schiffbaumesse, die Krise an den Finanzmärkten. Droht dem Welthandel - und damit auch der Schifffahrt - ein Rückschlag?

Wöhrl:

Nein, der Welthandel wird weiter sehr stark wachsen, auch durch Schwellenländer wie Indien oder China, die jetzt nachziehen. Vielleicht wird er nicht mehr so sehr boomen wie in den vergangenen Jahren. Dennoch bin ich nicht pessimistisch.



Abendblatt:

Wie schätzen Sie die Risiken für den Schiffbau ein?

Wöhrl:

Die Seeschifffahrt profitiert vom Welthandel immens, und das wird auch so bleiben. Für den Schiffbau wird allerdings die Lage im Hinblick auf die Rohstoffkosten schwieriger, etwa beim Stahl.



Abendblatt:

Wie sieht es bei den deutschen Zulieferern aus?

Wöhrl:

Sie werden ihren technologischen Vorsprung halten können. Die Konkurrenz aus den Schwellenländern, vor allem in Asien, setzt allerdings nach, leider oft auch mit Plagiaten und Produktpiraterie.



Abendblatt:

China drängt im Schiffbau an Südkorea vorbei an die Weltspitze. Das löst in der Branche einen neuen Verdrängungswettbewerb aus, zumal viele Werften in China immer noch mit Staatshilfen arbeiten. Was bedeutet das für die maritime Industrie in Deutschland?

Wöhrl:

Neben der Missachtung des geistigen Eigentums sind die Subventionen das größte Problem, sie verzerren den Wettbewerb. Das muss auf internationaler Ebene geregelt werden. Es gibt darüber auf OECD-Ebene derzeit Vorgespräche mit China, Japan und Südkorea.



Abendblatt:

Wo liegen für die Branche in Deutschland die Zukunftsperspektiven?

Wöhrl:

Die Stärke der deutschen maritimen Industrie liegt vor allem bei Forschung, Entwicklung und technologischer Innovation. Eines der wichtigsten Zukunftsfelder ist dabei die Meerestechnologie. Bei der Grundlagenforschung ist Deutschland hier Weltspitze. Das müssen wir weiter ausbauen. Beim Schiffbau selbst geht es vor allem um die Steigerung der Energieeffizienz sowie um die Verbesserung von Umwelt- und Klimaschutz.