Offenbar war die kritische Lage der Lehman Brothers den Führungskräften der KfW bekannt, dennoch wurde das Termingeschäft über 300 Millionen Euro abgewickelt.

Frankfurt/Main. Die heftig kritisierte 300-Millionen-Überweisung der KfW an die insolvente amerikanische Investmentbank Lehman Brothers sorgt weiter für Verwirrung. Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" soll die Überweisung offenbar doch in voller Absicht geschehen sein. Dagegen berichtete "Spiegel Online", KfW-Manager hätten rechtzeitig beschlossen, keine Zahlungen an Lehman mehr vorzunehmen. Diese Entscheidung habe aber niemand umgesetzt.

Laut "FAZ" legen erste interne Auswertungen des Vorfalls nahe, dass die Überweisung in voller Absicht ausgeführt wurde. Diese Auswertungen seien auch die Basis für die Entscheidungen des KfW-Verwaltungsrats am Donnerstagabend gewesen, zwei Vorstände und den Bereichsleiter für das Risikocontrolling zu suspendieren.

Am Freitag vorvergangener Woche seien KfW-Mitarbeiter zusammengekommen, und über die Entwicklung von Lehman und die anstehende Zahlung beraten haben. Dabei sei festgestellt worden, dass die Lage bei Lehman nicht so gut aussehe. Entschieden worden sei daraufhin, dass die Überweisung noch ausgeführt, aber kein Neugeschäft mehr eingegangen werde. Die sich über das Wochenende zuspitzende Lage von Lehman sowie die Berichte in der Nacht von Sonntag auf Montag über deren Insolvenz hätten die Verantwortlichen in der KfW offenbar nicht bewogen, die Überweisung noch zu stoppen.

Ein KfW-Sprecher wollte den Bericht bisher noch nicht kommentieren, verwies aber auf ein Interview mit KfW-Chef Ulrich Schröder im "Handelsblatt". Darin bestätigte Schröder: "Als sich die Lage bei Lehman verschärfte, gab es am 12. September, das war Freitag, eine Sitzung der verantwortlichen Abteilungen, um die Situation zu analysieren." Dort sei nicht "das offene Settlement-Risiko gesehen" worden. "Der zweite Fehler war, das angesichts der Datenlage zu Lehman am Freitag hätte beschlossen werden müssen, über das Wochenende die Situation zu verfolgen und im Zweifelsfall einzugreifen", wurde Schröder weiter zitiert. Dies sei aber nicht geschehen.

Laut "FAZ" ging der Überweisungsauftrag am Montag um 8.37 Uhr an die Bundesbank und wurde dort einige Minuten später ausgeführt. Durch den dann gültigen Umrechnungskurs von Dollar in Euro seien aus der anfänglich angenommenen Summe von rund 300 Millionen Euro letztlich rund 350 Millionen Euro geworden. Das Geld sei vermutlich mindestens zur Hälfte verloren. Der genaue Betrag hänge von der Konkursquote von Lehman ab.

Dagegen berichtete "Spiegel Online", KfW-Manager seien rechtzeitig vor der Pleite der Lehman-Bank zu dem Ergebnis gekommen, keine Überweisung mehr zu tätigen. Bei der Sitzung am 12. September seien die zuständigen Vorstände Peter Fleischer und Detlef Leinberger sowie ein Bereichsleiter - alle drei sind inzwischen suspendiert - zu dem Ergebnis gekommen, dass keine weiteren Überweisungen an Lehman vorgenommen werden sollte. Den Beschluss habe aber niemand umgesetzt. Auch habe niemand überprüft, welche Zahlungen auf Termin bereits im Computer gespeichert gewesen seien.