Kritik an Unternehmen, die sensible Informationen über ihre Kunden nicht ausreichend sichern.

Abendblatt:

Herr Schaar, wie finden Sie es, dass Daten einfach gestohlen und für betrügerische Zwecke eingesetzt werden?

Peter Schaar:

Ich bin entsetzt, aber im Grunde nicht überrascht darüber, dass es häufig vorkommt, dass Unternehmen ihre Kundendaten unzureichend sichern.



Abendblatt:

Viele Unternehmen verkaufen ihre Daten auch einfach weiter. Ist das legal?

Schaar:

Listen zusammengeführter Kundendaten dürfen zu Werbezwecken weiterverkauft werden. Das geht aber nur, wenn die Kunden der Weitergabe von Daten nicht widersprochen haben. Zudem haben Bankverbindungen nichts in solchen Listen zu suchen. Erlaubt sind nur Name und Anschrift.



Abendblatt:

Welche Handhabe haben Sie, wenn mehr Informationen verkauft werden?

Schaar:

Unternehmen, die gegen diese Bestimmungen verstoßen, droht ein Bußgeld in Höhe von bis zu 250 000 Euro. Ich bin mit der Bundesregierung im Gespräch darüber, ob der Rahmen ausreicht. Ich trete für eine deutliche Aufstockung der Strafe ein, denn es kann nicht sein, dass ein Unternehmen, das gegen das Gesetz verstößt, eine Strafe erhält, die so niedrig ist, dass sie aus der Portokasse bezahlt werden kann.



Abendblatt:

Ist das 30 Jahre alte deutsche Datenschutzgesetz noch zeitgemäß?

Schaar:

Das Gesetz muss tatsächlich modernisiert werden. Die Bundesregierung ist hier endlich tätig geworden. Als ersten Erfolg können wir verbuchen, dass das Scoring per Gesetz transparenter wird. Als Scoring bezeichnet man das mathematisch-statistische Verfahren, nach dem Auskunfteien die Bonität einer Person, die einen Kredit beantragt oder Waren bestellt, berechnen. Das Kabinett hat Ende Juli beschlossen, dass die Verbraucher künftig besser über diese Daten zu ihrer Person informiert werden.



Abendblatt:

Gegen Betrug wie beim aktuellen Fall ist auch der Gesetzgeber machtlos.

Schaar:

Nicht unbedingt. Zwar ist es richtig, dass die Bankdaten der Verbraucher immer mehr Unternehmen zur Verfügung stehen, weil wir bei jeder Mitgliedschaft im Verein, bei jedem Vertrag mit einem Energieversorger unsere Daten preisgeben müssen. Doch man könnte mehr tun, um die Bürger vor Betrug zu schützen. Hier sind vor allem die Banken gefragt, etwa in der Frage, wie sie mit Einzugermächtigungen umgehen. In den meisten Fällen kontrollieren die Banken nicht, ob tatsächlich eine Einzugsermächtigung vom Kunden gegeben wurde. Zudem prüfen sie bisweilen nicht einmal nach, ob der angegebene Name zu der Kontonummer passt.



Abendblatt:

Wie wollen Sie das ändern?

Schaar:

Es gibt eine EU-weite Initiative, die Banken stärker in die Pflicht zu nehmen. Zukünftig soll ein europäisches Lastschriftverfahren die Banken mehr in die Pflicht nehmen und die Verbraucherrechte stärken. Unabhängig davon trete ich dafür ein, dass die Banken bei auftretenden Unregelmäßigkeiten ihre anderen Kunden warnen müssen und sich zumindest stichprobenweise die Einzugsermächtigungen vorlegen lassen. Außerdem sollten die betroffenen Kunden nach einer betrügerischen Abbuchung eine Strafanzeige bei der Polizei stellen. Nur so erfahren die Strafermittlungsbehörden und die Politik von dem Fall.



Abendblatt:

Besitzen Sie selbst Kredit- oder Kundenkarten?

Schaar:

Ich habe ein Girokonto mit EC-Karte, Kreditkarten und vielleicht findet sich in einer Schublade auch noch irgendeine Kundenkarte.



Interview: Daniela Stürmlinger