Hamburg. Hohe schattige Bäume säumen das grüne Gelände. In den Zweigen zwitschern Vögel. Es riecht nach geschnittenem Gras. In der Nähe mäht ein Bauer sein Getreidefeld. Mitten in dieser ländlichen Idylle stehen die Backsteingebäude des Wasserwerks Curslack. Es ist das größte von 18 Wasserwerken von Hamburg Wasser. Der städtische Versorger beliefert täglich rund zwei Millionen Bürger in der Metropolregion mit frischem Trinkwasser.

Die Hamburger haben mit ihrem Trinkwasser großes Glück. Das Nass wird ausschließlich aus Grundwasser gewonnen und ist nahezu frei von chemischen Zusätzen. Elektrische Pumpen befördern das zwischen zehn und zwölf Grad kühle Grundwasser aus 20 bis 450 Meter Tiefe an die Erdoberfläche. Unter Zugabe von Sauerstoff werden die natürlichen Inhaltsstoffe Eisen und Mangan entfernt und das Wasser durch mehrere Sandschichten vollautomatisch in einem geschlossenen System gefiltert.

Das Desinfektionsmittel Chlor wird nur in vier Werken in geringem Umfang zugesetzt, um längere Wege zu entfernten Kunden zu überbrücken. "Es ist eine Schutzmaßnahme, damit das Wasser mikrobiologisch rein beim Kunden ankommt", so Christoph Czekalla (50), Leiter der Werke. "Das Chlor baut sich aber ab, sodass der Verbraucher völlig geruchsfreies Wasser erhält." Der Kalkgehalt variiert zwischen der Härte zwei und drei - also weich bis mittelhart.

Die Produktion von Trinkwasser dauert einen Tag. "Das Wasser soll spätestens nach zwei bis drei Tagen verbraucht sein." Auf dem Weg zum Verbraucher wird das Wasser an den 450 Brunnen, in allen Wasserwerken und am Zapfhahn an über 200 Stellen in der Stadt geprüft - 55 000 Proben pro Jahr. Dabei unterschreiten die Hamburger sämtliche Grenz- und Richtlinien nach eigenen Angaben deutlich. "Trinkwasser ist das am strengsten untersuchte Lebensmittel", so Czekalla.

In Hamburg hat die Wasserversorgung eine lange Tradition. 1848 als Stadt-Wasserkunst gegründet lieferte sie Hamburgern "frisches" Elbwasser. Die Cholera-Epidemie führte 1892 die Bedeutung von sauberem Wasser drastisch vor Augen. Alle Bürger, die damals filtriertes Elbwasser erhielten, blieben gesund, die übrigen erkrankten. Es wuchs die Erkenntnis, so der Curslacker Werksleiter Wolfgang Müller (56): "Filtration von Wasser ist extrem wichtig." Und diese Grundregel wurde stets weiterentwickelt. "Seit 1964 verzichten wir ganz auf Elbwasser und gewinnen Trinkwasser nur noch aus Grundwasser."

Die Hamburger zählen bundesweit zu den sparsamsten Wassernutzern. Jeder Bürger gebraucht pro Tag im Schnitt 107 Liter Wasser - bundesweit sind es rund 125 Liter. Der Wasserverbrauch geht seit Jahren zurück. "Das liegt an dem verantwortungsvollen Umgang mit Wasser sowie am Einsatz wassersparender Haushaltsgeräte und Armaturen", sagt Czekalla. Aber auch die Industrie produziere heute deutlich wassersparender als früher. Die Sparsamkeit führt in den Abwasserkanälen sogar manchmal zu Problemen, so Czekalla: "Die Kanalisation funktioniert nur, wenn eine gewisse Durchflussmenge vorhanden ist. Andernfalls müssen wir sogar mit Wasser spülen, damit die Fäkalien nicht in den Kanälen hängen bleiben."

Die Wasserversorgung sieht der Hamburger Bereichsleiter auch für die Zukunft gesichert. "In Norddeutschland gibt es reichlich Grundwasser. Wir haben eine vergleichsweise einfache und naturnahe Wasseraufbereitung", so Czekalla. Pro Jahr liefert Hamburg Wasser 120 Millionen Kubikmeter Trinkwasser an seine Kunden. Gleichzeitig werden jährlich 900 Millionen Kubikmeter Grundwasser durch die Niederschläge neu gewonnen - und damit die gut siebenfache Menge. Einziges Problem seien einige Salzstöcke im Untergrund. Damit die Brunnen durch überhöhte Förderung nicht versalzen oder der Grundwasserspiegel sinkt, nutzen die Wasserwerke maximal 25 Prozent der Grundwasserneubildung. "Das sichert die nachhaltige Förderung." Das bearbeitete Wasser wird schließlich in das 5500 Kilometer lange Leitungsnetz eingespeist.

Als städtisches Unternehmen gibt Hamburg Wasser jährlich Zweidrittel seiner Investitionen für den Erhalt und Ausbau seines Rohrnetzes aus. Der gute Netzzustand führt dazu, dass in Hamburg nur vier Prozent Wasser beim Transport verloren gehen. Zum Vergleich: Im Bundesdurchschnitt sind es sieben Prozent, in Großbritannien 22 und in Italien 28 Prozent. Bleirohre gibt es bei Hamburg Wasser lange nicht mehr. Diese seien nur noch in einigen Häusern anzutreffen und damit Sache der Hausbesitzer.

Der Hamburger Senat will die Wasserwerke auch in Zukunft nicht privatisieren. Aus Sicht des Werksleiters profitieren davon vor allem die Kunden. Der Gewinn komme nicht Aktionären, sondern den Hamburgern zugute. So stiegen die Preise in den vergangenen zehn Jahren insgesamt nur um 3,6 Prozent, also um fünf Cent auf 1,42 Euro pro Kubikmeter. Mit 74 Euro pro Person und Jahr liege der Trinkwasserpreis zehn Euro unterm Bundesdurchschnitt - und das, obwohl Hamburg eine Wassersteuer entrichten muss. Drastische Preiserhöhungen seien nicht geplant.