Abendblatt:

Wie sicher ist unsere Trinkwasserversorgung?

Hames:

In Deutschland gibt es gar keine Probleme. Wir verfügen über genügend Wasservorräte im Grundwasser, in Seen, Flüssen und Talsperren. Unser Bedarf ist geringer als unsere Ressourcen. Es gibt zwar in einigen Regionen Wasserknappheit, die jedoch problemlos über benachbarte Versorger ausgeglichen werden kann.



Abendblatt:

Könnte Wasser hierzulande durch den Klimawandel knapp werden?

Hames:

Nein. Andererseits können wir durch Wassersparen leider auch nicht die Sahel-Zone retten. Wasser kann man nicht wie Öl über lange Strecken transportieren. Dies ist aus ökonomischen und hygienischen Gründen nur begrenzt möglich.



Abendblatt:

Hamburg will die Wasserwerke in Staatshand behalten. Sollte die Wasserversorgung privatisiert werden?

Hames:

Nein, auf keinen Fall. Die Wasserwirtschaft stellt ein natürliches Monopol dar. In einem Monopol gibt es keinen Wettbewerb. Wer über die Vorräte und das Netz verfügt, hat das Sagen. Deshalb muss man grundsätzlich entscheiden: Soll das Monopol vom Staat oder durch die Privatwirtschaft betrieben werden? Ich bin sehr froh, dass der Senat die Hamburger Wasserwerke nicht verkaufen will.



Abendblatt:

Worin liegen die Vorteile staatlicher Kontrolle?

Hames:

Wenn die Wasserversorgung parlamentarischer Kontrolle unterliegt, folgt sie in der Regel dem Ziel, Wasser nach ökologischen und sozialverträglichen Zielen zu fördern. Sie dient nicht der Gewinnmaximierung, sondern der Sicherung der Versorgung zu möglichst günstigen Preisen. Zudem muss die Wasserversorgung nachhaltig erfolgen, damit wir unsere Wasservorräte langfristig nutzen können und die Qualität hygienisch einwandfrei ist.



Abendblatt:

Wo sehen Sie die Nachteile der Privatisierung?

Hames:

Man muss sich nur die Erfahrungen aus der Energiewirtschaft und in anderen Ländern ansehen. In Großbritannien wurden nach der Privatisierung die Investitionen in die Leitungsnetze fast halbiert, aber die Preise zugunsten der Gewinnmaximierung erhöht. Die Wasserqualität verschlechtert sich und die Rohrwasserverluste stiegen. Das ist nicht gerade vorbildlich.



Abendblatt:

Wassermangel ist seit Jahrzehnten bekannt, dennoch ändert sich kaum etwas. Wer ist Schuld daran?

Hames:

Das ist ein globales Problem - vergleichbar mit dem Hunger auf der Welt. Wenn das Problem akut ist, wird kurzfristig mit Notprogrammen gehandelt, sonst schaut man weg. Fortschritte erfolgen nur sehr langsam. Dabei drängt das Problem: In 20 Jahren werden geschätzt 3,5 Milliarden Menschen annähernd ohne Trinkwasserversorgung leben müssen. Heute werden 80 Prozent aller Krankheiten durch verschmutztes Wasser ausgelöst. Doch statt die Ursachen zu bekämpfen, und die Wasserversorgung sicherzustellen, werden die Symptome - also die Krankheiten - bekämpft. Was mich schmerzt ist, dass wir über das nötige Wissen verfügen, Menschen mit Wasser zu versorgen. Doch leider bin ich nicht optimistisch, dass sich hier so schnell etwas ändern wird.



Abendblatt:

Wird Wasser das "blaue Gold" der Zukunft?

Hames:

Davon bin ich überzeugt. Es handelt sich um einen großen Markt. Sollte sich der Klimawandel noch verschärfen, könnte es sogar zu neuen Völkerwanderungen kommen. Die Menschen werden dorthin ihre Wohnsitze verlegen, wo es Trinkwasser gibt und Landwirtschaft möglich ist. Schließlich hat uns die Geschichte gelehrt: Nur wo eine gute und geordnete Wasserversorgung existiert, kann sich eine Zivilisation entwickeln. Das haben bereits die Babylonier, Ägypter, Griechen und Römer mit ihren wasserwirtschaftlichen Systemen und Aquädukten bewiesen.



Hanno Hames (68) ist Alterspräsident der weltweit anerkannten Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfachs (DVGW). Zuvor leitete er viele Jahre lang die Hamburger Wasserwerke als Geschäftsführer.