Darf eine Firma Mitarbeiter bespitzeln? Die Vorgänge bei Lidl werfen die Frage auf, welche Kontrollmechanismen nachvollziehbar sind und welche wegen eines Angriffs auf die Privatsphäre verboten werden müssen. An Orten, an denen sich viele Menschen tummeln, werden wir uns wohl an eine intensive Kontrolle, etwa durch Überwachungskameras, gewöhnen müssen. Schließlich dient das auch unserer eigenen Sicherheit. Und in Einzelhandelsgeschäften muss es dem Eigentümer möglich sein, Kameras aufzustellen, um sich vor Diebstahl zu schützen.

Hier darf es keine zwei Meinungen geben. Doch was der Discounter Lidl jetzt gemacht hat, überspannt den Bogen einer erlaubten Kontrolle bei Weitem. Mitarbeiter wurden nicht nur gefilmt, sondern so genau beobachtet, dass dem Unternehmen sogar bekannt wurde, mit wem sein Mitarbeiter in der Arbeitspause telefoniert hat und was der Inhalt des Gesprächs war. Vielleicht wollte Lidl mit der Dokumentation wirklich nur, wie nach Bekanntwerden der Spitzelvorgänge behauptet, mögliches Fehlverhalten von Mitarbeitern aufklären. Doch in der Wahl seiner Mittel hat sich der Konzern für das Schießen mit Kanonen auf Spatzen entschieden. Der entstandene Schaden ist groß, nicht nur für die Mitarbeiter, die sich nun bloßgestellt fühlen dürfen, sondern auch für Lidl selbst. Der Konzern verliert an Image und vielleicht auch an Umsatz, falls einige Kunden nun Konsequenzen ziehen und bei der Konkurrenz einkaufen.

Groß ist der Schaden auch gesellschaftspolitisch, weil die Affäre Lidl all jenen Wasser auf die Mühlen gießen kann, die trotz der Gefahr durch Kriminelle und drohendem Terrorismus in Deutschland am liebsten Überwachungsmaßnahmen ganz verbieten würden. Lidl hat ein Eigentor geschossen - in jeder Hinsicht.