Seinen allmorgendlichen Jogginglauf hat Post-Vorstandschef Klaus Zumwinkel gestern ausfallen lassen müssen. Schon um 7 Uhr in der Früh klingelten die Fahnder an der Tür seiner Villa im Kölner Stadtteil Marienburg, da war selbst der disziplinierte, stets früh auf den Beinen stehende Topmanager noch nicht in Turnschuhen unterwegs.

Ein eiserner Wille wird dem 64-Jährigen mit dem silbergrauen Haar nachgesagt - privat wie beruflich. Zumwinkel ist leidenschaftlicher Bergwanderer und hat so manchen Himalaja-Gipfel erklommen. Als Mitglied des Similaun-Kreises, einer Seilschaft von Top-Managern wie Henkel-Chef Ulrich Lehner, Ex-Lufthansa-Lenker Jürgen Weber und Linde-Boss Wolfgang Reitz, verbindet der zweifache Familienvater aus Rheinberg bei Moers die körperliche Herausforderung mit intensivem Netzwerken.

Dass sein jahrzehntelanger Aufstieg nun kurz vor der Pensionierung im November in einen derartigen Absturz mündet, war nicht vorauszusehen. Der zweite Sohn einer wohlhabenden Unternehmerfamilie studierte an einer Eliteuniversität in den USA, promovierte zum Dr. rer. pol., wurde von McKinsey rekrutiert und stieg dort rasch auf. Die vom früh verstorbenen Vater geerbte Ladenkette mit zehn Kaufhäusern und 50 Discountern verkauften er und sein Bruder 1971 gewinnbringend an Rewe - finanziell war Zumwinkel schon früh abgesichert.

Nach seiner Führungstätigkeit bei McKinsey ging der Aufstieg bei Quelle weiter. 1985 trat Zumwinkel dort die Nachfolge von Grete Schickedanz an und sanierte den Versandhändler. Im September 1989 begann seine längste Etappe: Zumwinkel wurde zum Chef des neu geschaffenen Unternehmens Deutsche Bundespost Postdienst (auch sogenannte "gelbe Post"), aus dem er die global agierende Deutsche Post World Net formte: Nach Aufkäufen ausländischer Logistikunternehmen wie Danzas, Airborne und Exel macht die Post heute mehr als 60 Milliarden Euro Umsatz (2006) und ist weltweit im Bereich Logistik führend. Zumwinkel straffte das Filialnetz, führte die ehemalige Behörde aus den roten Zahlen und brachte sie an die Börse.

Für negative Schlagzeilen sorgte der dienstälteste Chef eines DAX-Unternehmens erstmals Ende 2007, als er auf einen Schlag eigene Aktien der Post für 4,73 Millionen Euro veräußerte. Der Kurs war zuvor nach der Entscheidung für die Einführung von Mindestlöhnen in der Branche gestiegen, woraufhin es herbe Kritik hagelte und Zumwinkel sich entschuldigte - die Tragweite seiner Verkaufsentscheidung inmitten des Streits über den Mindestlohn für Briefträger habe er nicht bedacht. "Das bedauere ich heute sehr", schrieb er seinerzeit in der Mitarbeiterzeitung der Post.

Dieser Fall offenbarte die Schattenseite Zumwinkels, die sein einst strahlendes Image nun vollends verdunkelt. Fühlte er sich mit einem Gesamteinkommen von 4,24 Millionen Euro (Barvergütung plus aktienbasierte Vergütung in 2006) im Vergleich zu seinen Kollegen von Deutscher Bank, Daimler oder RWE unterbezahlt? Beschloss er deshalb, Steuern in Liechtenstein oder sogar auf den Cayman-Inseln zu sparen?

Sein Lebensmotto "Wahrheit und Klarheit", das er 1994 in einer Zeitung äußerte, scheint Zumwinkel jedenfalls vergessen zu haben. Warum das so ist, darüber hat er womöglich bald genug Zeit nachzudenken.