Zumwinkel soll eine Million Euro hinterzogen haben. Nach Verhör gegen Kaution auf freiem Fuß. Jetzt ganze Razzien-Serie gegen prominente Deutsche?

Hamburg. Der Tag beginnt filmreif. Im Morgengrauen fahren zwei schwere silbergraue Mercedes-Limousinen mit aufgesetzten Blaulichtern vor einer Villa im Kölner Nobelviertel Marienburg vor. "Zumwinkel" steht auf dem Namensschild. Es ist das Haus des Postchefs Klaus Zumwinkel. Zehn Beamte der Steuerfahndung und der Staatsanwaltschaft klingeln - es beginnt eine Razzia, die gestern in der deutschen Wirtschaft und Politik ein Beben auslöste.

Kurz vor seinem Ruhestand steht der 64-jährige Post-Chef, einer der einflussreichsten deutschen Manager, in Verdacht, mit Geldanlagen in Stiftungen in Liechtenstein den deutschen Staat um eine Million Euro Steuern gebracht zu haben. Gut fünf Stunden nach Beginn der Durchsuchung wurde Zumwinkel von den Fahndern zu einem Verhör gefahren. Gegen den Konzernchef erging ein Haftbefehl. Er wurde jedoch, wegen der "Kooperationsbereitschaft" des Managers sowie gegen eine "Sicherheitsleistung in nicht unerheblicher Höhe", außer Vollzug gesetzt. Zuvor hatten die Fahnder auch das Chefbüro in der Bonner Post-Zentrale durchsucht.

Zumwinkel, der sich selbst als Multimillionär bezeichnet, galt schon nach dem Verkauf des Handelsunternehmens seines Vaters an die Rewe-Gruppe 1971 als finanziell unabhängig. Als Chef der Post, die er an die Börse führte, verdiente er allein 2006 knapp drei Millionen Euro.

Trotz der Vorwürfe bleibt Zumwinkel im Amt. Der gesamte Vorstand inklusive des Chefs sei "vollständig handlungsfähig und führt seine Geschäfte wie gewohnt fort", teilte die Post mit. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte, der Manager müsse "zur Aufklärung beitragen". Die Ermittlungen seien eine "private Angelegenheit von Herrn Zumwinkel" und "eine Sache der Post". Der Bund hält 30 Prozent an dem Unternehmen.

Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, sei Zumwinkel "keine Minute länger in dem Amt zu ertragen", sagte SPD-Wirtschaftsexperte Rainer Wend in "Spiegel online": "Es ist unbegreiflich, dass ein Multimillionär wie Zumwinkel es nötig hat, auf diesem Weg ein paar Millionen Steuern zu sparen."

Unions-Fraktionschef Volker Kauder mahnte in "Bild": "Spitzenmanager haben eine besondere Verantwortung für die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft. Nur wer sich an die Spielregeln hält, kann erwarten, dass hohe Managergehälter und Millionenabfindungen akzeptiert werden."

Der Fall Zumwinkel ist nach einem Bericht des "Handelsblatts" nur der Auftakt für eine ganze Serie von Ermittlungen. In den nächsten Tagen würden in ganz Deutschland Razzien bei prominenten und reichen Deutschen anlaufen, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Ermittlerkreise. Demzufolge haben die Fahnder massenhaft Unterlagen aus der LGT-Bank, der Bank der liechtensteinischen Fürstenfamilie, erhalten.