Neuer Datenskandal: Personalakten in Bochumer Müllcontainer gefunden. Datenschützer werten Vorgang als “äußerst kritisch“.
Hamburg. Die Discountmarkt-Kette Lidl hat auch nach dem im Jahr 2008 aufgedeckten Bespitzelungs-Skandal weiterhin sensible Informationen und Daten bei seinen Mitarbeitern ausgespäht. Der "Spiegel" berichtet in seiner neuen Ausgabe, dass in einem Bochumer Müllcontainer zufällig firmeninterne Akten, darunter Personalakten, gefunden worden seien. Daraus gehe unter anderem hervor, dass Lidl in Personalformularen versucht habe, die gesundheitlichen Ursachen bei der Krankmeldung von Mitarbeitern zu dokumentieren.
Erneut hat sich der Einzelhandelskonzern damit offenbar in einer rechtlichen Grauzone bewegt. "Der Grund der Krankheit geht den Arbeitgeber grundsätzlich erst mal nichts an, und genau deshalb steht die Diagnose ja auch nicht auf dem gelben Krankenzettel", sagte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, dem "Spiegel". Die Vorgänge, die noch bis zum Beginn dieses Jahres hin dokumentiert sind, seien "äußerst kritisch" zu beurteilen.
Anfang 2008 hatte der "Stern" einen umfassenden Bespitzelungsskandal bei Lidl aufgedeckt. Systematisch hatte das Unternehmen über längere Zeit seinen eigenen Mitarbeiter von Detektiven ausspähen lassen, unter anderem mit versteckten Kameras in Aufenthaltsräumen. Für dieses Vorgehen wurde das Unternehmen später auf Druck von Datenschützern mit einer - allerdings verglichsweise geringen - Geldbuße von einer Million Euro belegt.
Die nun aufgedeckten Praktiken zeigen, dass sich der Handelsriese gezielt für die Hintergründe gesundheitlicher Probleme bei seinen Mitarbeitern interessierte. Der Versuch einer künstlichen Befruchtung einer Verkäuferin wurde in den Personalakten ebenso festgehalten wie psychische Probleme, eine Tumoroperation oder Bluthochdruck bei anderen Mitarbeitern. Zum Teil führte das offenbar auch zu Kündigungen.
Lidl-Deutschlandchef Frank-Michael Mros gelobte im "Spiegel" Besserung, wies jedoch darauf hin, dass wegen der "Komplexität" des Unternehmens und der internen Prozesse nicht alle Missstände auf einmal beseitigt werden könnten.