3,586 Millionen Bürger haben keinen Job, davon 78 845 Hamburger. Kurzarbeit steigt drastisch.

Hamburg. Die Wirtschaftskrise hat den Hamburger Arbeitsmarkt voll erfasst. Im März waren 78 845 Menschen in der Hansestadt ohne Job, 1,2 Prozent mehr als im Februar. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg die Zahl sogar um 5,5 Prozent an. Auch bundesweit blieb die sonst übliche Frühjahrsbelebung aus.

Erstmals seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen im Jahr 1928 wuchs die Zahl der Erwerbslosen im Vergleich zum Februar um 34 000 auf 3,586 Millionen. Die Arbeitslosenquote lag damit bundesweit bei 8,6 Prozent. In Hamburg ist sie mit 8,8 Prozent leicht höher.

"Ein noch schlimmeres Bild wird im Augenblick nur durch die hohe Inanspruchnahme der Kurzarbeit verhindert", sagte der Direktor der Arbeitsagentur Hamburg, Rolf Steil. "Sie ist für viele Unternehmen ein Mittel, um auf die geringere Auslastung zu reagieren und gleichzeitig die Belegschaft zu halten." 457 Betriebe in der Hansestadt haben mittlerweile angekündigt, von diesem Instrument für bis zu 25 000 Beschäftigte Gebrauch zu machen. Im Februar lag die Zahl noch bei knapp 11 000 Mitarbeitern. Bundesweit droht bis zu 2,2 Millionen Beschäftigten in diesem Jahr Kurzarbeit.

Nach Informationen des Abendblatts wird unter anderem im Daimler-Werk in Harburg weniger gearbeitet, ebenso beim Gabelstaplerhersteller Still und beim Halbleiterproduzenten NXP, wo sich ab heute 200 Beschäftigte in Kurzarbeit befinden. Auch die Gesamthafenbetriebsgesellschaft hat 700 ihrer Mitarbeiter wegen der Flaute im Containerverkehr auf Kurzarbeit gesetzt.

Der Zugang zum Hamburger Arbeitsmarkt wird durch die Wirtschaftskrise vor allem für Jugendliche immer schwieriger. "Wer zwischen 15 und 25 Jahre alt ist, findet immer schwerer eine Stelle, weil sich immer mehr Betriebe mit Neueinstellungen zurückhalten", sagt Steil. In dieser Altersgruppe schoss die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 Prozent in die Höhe. "Die größte Problemgruppe sind junge Menschen mit mangelnden Sprachkenntnissen und einem fehlenden Berufs- oder Schulabschluss", so Steil.

Zu den Leidtragenden der schwierigen wirtschaftlichen Lage zählen auch die älteren Arbeitnehmer ab 55 Jahren, in deren Gruppe sich die Arbeitslosigkeit um fast 16 Prozent erhöhte. "Im Vergleich zu früheren Jahren fehlen Instrumente wie die Frühpensionierung, die den Trend abfedern könnten", sagte der Direktor der Arbeitsagentur Hamburg.

Generell seien es vor allem Zeitarbeiter, Geringqualifizierte und befristete Arbeitskräfte, die in der Krise von den Lohnlisten gestrichen würden, so Steil. "Es werden zwar noch Fachkräfte wie Ingenieure gesucht, doch für Angelernte werden die Chancen, eine Arbeit zu finden oder die zu behalten, immer geringer."

In Schleswig-Holstein fiel der Anstieg der Arbeitslosigkeit geringer aus als in Hamburg. Hier gab es im März nur 75 oder 0,1 Prozent mehr Arbeitslose als im Vormonat. Ihre Zahl stieg damit auf insgesamt 116 200. Das sind allerdings 1600 mehr als im März 2008. Die Quote lag unverändert bei 8,2 Prozent.

Ein Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt ist weder im Norden, noch in ganz Deutschland in den kommenden Monaten zu erwarten. "Auch in der zweiten Jahreshälfte wird es noch keine Belebung geben", sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise. Eine Entspannung sei frühestens 2010 zu erwarten. "Aber wann genau das der Fall ist, hängt von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung ab", fügte er hinzu. Für dieses Jahr schloss er einen Anstieg der Arbeitssuchenden über die psychologisch wichtige Vier-Millionen-Marke nicht mehr aus.