Große Koalition einig: letztes Mittel gegen verheerenden Kollaps. FDP warnt Regierung: “Ein Tag der Unfreiheit.“

Hamburg. Der Bundestag hat am Freitag mit großer Mehrheit ein Gesetz beschlossen, das zur ersten Verstaatlichung einer Bank in Westdeutschland seit dem Zweiten Weltkrieg führen dürfte. Es ist speziell zugeschnitten auf die Verstaatlichung der schwer angeschlagenen Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) in München. Würde die Bank kollabieren, drohte dem gesamten Finanzsystem in Deutschland ein unüberschaubarer Schaden.

FDP und Linkspartei stimmten im Bundestag gegen das Gesetz. "Heute ist ein Tag der Unfreiheit. Heute wird ein Tabu gebrochen, der Schutz des privaten Eigentums wird torpediert", sagte Rainer Brüderle, der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) indes begrüßte den Beschluss: "Diese Bank hat eine Dominofunktion, sie darf nicht wegkippen. Ob es zur Enteignung kommt, wird sich zeigen. Wenn der Steuerzahler mit zig Milliarden hilft, muss es möglich sein, dieses Instrument einzusetzen", sagte Beck dem Abendblatt.

Der Bund hat der HRE bereits Staatsgarantien in Höhe von 87 Milliarden Euro gegeben, hinzu kommen 15 Milliarden Euro Unterstützung der Finanzwirtschaft. Weitere zehn Milliarden Euro werden nach derzeitigem Kenntnisstand dringend gebraucht.

Um einen Zusammenbruch der Bank zu verhindern, muss das Vertrauen in die Handlungs- und Zahlungsfähigkeit des Instituts gesichert werden. Dies ist angesichts der Finanzmarktkrise im Zweifel nur noch mit einer Verstaatlichung zu erreichen. Der US-Investor J. Christopher Flowers, der rund 24 Prozent der HRE-Anteile kontrolliert, sträubt sich bislang aber gegen einen Verkauf seiner Anteile zum aktuellen Börsenkurs. Er lag am Freitag bei nur noch 88 Cent. Flowers hält einen Preis je Aktie von drei Euro für fair.

Anteilseigner wie Flowers hätten die Möglichkeit, gegen eine Enteignung zu klagen. Rechtsexperten wie Professor Michael Fehling von der Bucerius Law School in Hamburg halten das Gesetz aber für wasserdicht: "Bei den Gründen, die die Bundesregierung anführt, geht es um die Abwendung einer systemischen Krise. Das ist zum Wohle der Allgemeinheit und dürfte damit auch einer rechtlichen Überprüfung standhalten", sagte Fehling dem Abendblatt.

Der frühere HRE-Chef Georg Funke bedauerte am Freitag die Misere bei der Bank. "Mir tut die Entwicklung genauso leid wie allen anderen Betroffenen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".