Adolf Merckle ist tot. Einer der erfolgreichsten deutschen Unternehmer der Nachkriegsgeschichte hat sein Leben beendet. Auf eine Weise, die...
Adolf Merckle ist tot. Einer der erfolgreichsten deutschen Unternehmer der Nachkriegsgeschichte hat sein Leben beendet. Auf eine Weise, die drastischer kaum sein kann. Dieser Tod ist zuallererst eine menschliche Tragödie, lässt Verwandte und Freunde in tiefer Trauer und Verzweiflung zurück. Das darf bei der aktuellen Diskussion über den offensichtlichen Zusammenhang des Todes mit der Finanzmarktkrise und spekulativen Aktiengeschäften nicht an zweite Stelle rücken. Alles andere wäre pietätlos und ließe das berufliche Lebenswerk Merckles, der ein international verzweigtes Imperium mit mehr als 30 Milliarden Euro Umsatz aufgebaut hat, in einem falschen Licht erscheinen.
Trotz der persönlichen Tragik kann eine Debatte über die ökonomischen Ursachen und Folgen des Todes nicht ausbleiben. Sie muss sogar stattfinden. Schließlich geht es bei der Zukunft der Merckle-Konzerne um mehr als 100 000 Arbeitsplätze. Ganze Städte, Regionen hängen ökonomisch am Tropf von Unternehmen wie Ratiopharm, HeidelbergCement oder Phoenix. Tausende Familien zittern um ihre Zukunft, weil sie nicht wissen, ob sie bald noch Lohn und Brot haben werden.
Der Tod Merckles lässt aber noch weit mehr als ökonomische Ungewissheit zurück. Er bietet die Chance, die Finanzmarktkrise und ihre Auswüchse aus der theoretischen Ecke herauszuholen. Denn die Krise darf keinesfalls als ein undurchschaubares Milliardenspiel abgehakt werden, das einen persönlich nicht anfasst. Merckles Tod hat die Finanzmarktkrise konkret gemacht - und auf tragische Weise menschlich. Der populistische Reflex, diesen charismatischen Unternehmer nun auf die Person eines gierigen Börsenspekulanten zu reduzieren, wäre mehr als dümmlich. Dann hätten wir eben nichts verstanden. Das beliebte Schubladendenken: hier die Guten, dort die Bösen, ist zwar bequem, aber nicht hilfreich. Die Finanzmarktkrise ist ein gesellschaftliches Problem, das uns alle angeht, das nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung gelöst werden kann. Und sie ist - wie Adolf Merckles Tod uns vor Augen führt - sehr persönlich.