Von der Park Avenue in Manhattan in die Gefängniszelle: Bernard Madoff, einst weltweit verehrter Starinvestor an der Wall Street, hat sich am Donnerstag vor Gericht schuldig bekannt. Für seinen milliardenschweren Anlagebetrug will die Anklage ihm 150 Jahre Haft aufbrummen.

Hamburg. Im Grunde genommen hat der grimmig dreinblickende ältere Herr, der auf dem Weg zum Gerichtssaal an Dutzenden Fotografen und TV-Kameras vorbeischlich, sich nur eine der größten Schwächen der Menschheit zunutze gemacht - die Gier und damit den Wunsch, möglichst viel Vermögen zu besitzen. Der Mann mit der markanten Nase ging äußerst gründlich vor und hat damit den bisher größten Betrugsprozess in der Wirtschaftsgeschichte ins Rollen gebracht, mit einem Schaden von rund 170 Milliarden Dollar.

In New York stand der 70-jährige Anlageberater Bernard Lawrence Madoff jetzt vor Gericht. Ihm drohen bis zu 150 Jahre Gefängnis. Madoff legte gleich am ersten Tag ein Geständnis ab. "Es tut mir zutiefst leid, ich schäme mich", sagte er. Danach musste er in Untersuchungshaft.

Seine Masche war einfach, doch Madoff hatte das System zur Perfektion gebracht. Er sammelte Geld von Investoren und zahlte diesen vermeintliche Zinsen aus. Die Ausschüttungen an die Anleger flossen immer pünktlich und reichlich - aber es handelte sich nicht um Zinszahlungen. Madoff gab einfach Geld weiter, das ihm neue Kunden zum Anlegen anvertraut hatten. Ein perfides Schneeballsystem entstand, das schließlich zum Einsturz kam, weil der Geldfluss, den Madoff zur Aufrechterhaltung seines Trugschlosses brauchte, wegen der Finanzkrise versiegte.

Mit seiner Methode hat es der ehemalige Bademeister und spätere Chef der US-Technologiebörse Nasdaq Madoff zum Milliardär gebracht. Im gehören zum Beispiel eine Penthousewohnung in der vornehmen Upper Eastside New Yorks, ein Landhaus in den Hamptons mit eigenem Golfplatz, je eine Villa an der Cote d'Azur und in London. Den Gerichtsunterlagen zufolge bemüht sich Madoff jetzt, einen Teil seines Vermögens zu sichern. Die sieben Millionen Dollar teure Wohnung sowie Anleihen und Bargeld im Wert von 62 Millionen Dollar würden seiner Ehefrau Ruth gehören, sagte er. Der Richter Denny Chin will dagegen sein Vermögen beschlagnahmen lassen.

Mit einem Trick gab sich die ehemalige Wallstreet-Legende den Anschein von höchster Exklusivität. Wer Kunde werden wollte, brauchte eine Empfehlung und mindestens eine Viertelmillion Dollar. Manche betuchte Amerikaner sollen im gleichen Golfclub wie Madoff in Palm Beach angemeldet gewesen sein, nur damit sie bei ihm anlegen können. Viele Opfer fand der Betrüger unter den reichen Mitgliedern der jüdischen Gemeinden Amerikas. Manche von ihnen, wie eine 95-jährige Frau, stehen jetzt vor einem Scherbenhaufen. Die Millionen sind verzockt, ihre Villa musste sie aufgeben.

Die Staatsanwaltschaft klagte Madoff in elf Punkten an - unter anderem wegen Wertpapierbetrugs, Fälschung von Briefen, Computerbetrug, Geldwäsche, Meineid, Falschaussage vor der US-Börsenaufsicht SEC sowie Diebstahl von Geldern aus einem Fonds für Mitarbeiter.

Laut US-Regierung führte Madoff Ende November eine Investmentfirma mit rund 4800 Kundenkonten und einer Bilanzsumme von 64,8 Milliarden Dollar. In Wirklichkeit habe sich jedoch nur ein Bruchteil der Mittel auf den Konten befunden. Anleger aus den USA, London, Singapur, Paris, Israel, Österreich, aber auch aus Deutschland hatte Madoff um ihr einbezahltes Geld gebracht. Deutsche Investmentfonds haben rund 153 Millionen Euro bei dem Betrüger investiert. In den Bilanzen folgender europäischer Banken finden sich tiefe Spuren des Betrugs: Banco Santander, Spanien, Bank Medici, Österreich, HSBC und Royal Bank of Scotland, Großbritannien, BNP Paribas und Natixis SA, Frankreich, sowie Fortis, Niederlande.

Selbst vor Hollywood machte der immer seriös und nie prahlerisch wirkende Mann nicht halt. Dem Vernehmen nach soll unter anderem die Stiftungen von Stephen Spielberg bei ihm Geld angelegt haben. Auch Universitäten und Stiftungen waren bei dem betrügerischen Monopoly dabei. Ihnen fehlt jetzt viel Geld für gute Taten. Madoff betrieb sein Geschäft gut 20 Jahre, zuletzt mit seinen beiden Söhnen. Sie sollen nichts von den Betrügereien gewusst haben und verständigten die Behörden, als der Geldfluss stockte. Madoff hätte seine Anleger noch lange hintergehen können. Denn keiner ist ihm über Jahre auf die Schliche gekommen. Noch nicht einmal die Börsenaufsicht SEC stoppte den Mann, der die Welt narrte.