Der Überlebenskampf des US-Automobilriesen General Motors (GM) könnte in Europa ein erstes prominentes Opfer fordern. Die schwedische GM-Tochter Saab steht als erster europäischer Autohersteller in der aktuellen Rezession vor dem Aus.

Hamburg. Die schwedische Regierung hatte sich geweigert, Saab zu helfen - auch, um zu vermeiden, dass das Geld schwedischer Steuerzahler bei GM versickert. Gestern trat der Saab-Aufsichtsrat zu einer Sondersitzung zusammen, um eine spezielle Form eines Insolvenzantrages zu beschließen. Die Sitzung wurde jedoch am Nachmittag unterbrochen.

Laut Rundfunkberichten wurde ein Antrag auf Gläubigerschutz vorbereitet, was dem Unternehmen Gelegenheit zur Umstrukturierung geben würde. Das wäre eine Alternative zu einem normalen Insolvenzantrag für den Autohersteller, den der schwer angeschlagene US-Mutterkonzern GM erfolglos zum Verkauf gestellt hat.

Dass Saab mit der ohnehin bescheidenen Produktion von nur 125 000 Autos pro Jahr "lebend" aus dem nun angekündigten Insolvenzverfahren hervorgeht, mochte in Stockholm kaum ein Beobachter glauben. Kaufinteressenten sind nach wie vor weit und breit nicht in Sicht. Und eine Fahrt als selbstständiger, kleiner Anbieter würde "doch ausgesprochen holprig ausfallen", meinte die Zeitung "Svenska Dagbladet" sarkastisch.

Jetzt rächt es sich doppelt, dass Saab auch unter dem Dach von GM fast ausschließlich auf teure und viel Benzin schluckende Premium-Modelle gesetzt hat. Dass sich US-Superpromis wie Microsoft-Gründer Bill Gates, Bestsellerautor Stephen King und TV-Moderator Jay Leno immer gerne zu "ihrem" Saab als Kult bekennen, konnte den freien Fall beim Absatz seit Beginn der Autokrise auch nicht bremsen. "Saab wird wohl noch drei Monate überleben", meinte der Insolvenz-Experte Rolf Åbjörnsson in "Aftonbladet".

In Deutschland wäre von einem Aus des schwedischen Herstellers vor allem der Vertrieb betroffen, denn eine eigene Fabrik besitzt Saab hier nicht. Bundesweit sind es 104 Handels- und 63 Servicepartner.

In Hamburg gibt es nur noch fünf Händler oder Servicebetriebe von Saab. "Die meisten Saab-Händler haben auch noch andere Marken im Angebot", sagte Nico Gasparatos vom Autohaus Gasparatos dem Abendblatt. Deshalb würden die Betriebe trotz einer möglichen Insolvenz des schwedischen Autobauers auch noch weiter bestehen können. Gasparatos etwa bietet noch US-Autos wie Hummer an.

"Eine Insolvenz von Saab kann sogar eine Chance sein", sagt Kurt Kröger, geschäftsführender Gesellschafter vom Autohaus Dello, das unter anderem Opel, Toyota, Ford und Saab verkauft. Wichtig sei, dass nach einer Insolvenz ein zukunftsweisendes Konzept für Saab gefunden wird. "Dazu bedarf es innovativer Modelle", so Kröger, der bemängelt, dass bislang ausschließlich das Saab-Cabrio für den Absatz der Marke in Hamburg sorgte.

Kunden müssen sich offenbar im Falle einer Insolvenz keine Sorgen wegen möglicher Reparaturen oder Ersatzteile machen. "Die wird es auch weiterhin geben", sagen Experten. Schon allein deshalb, weil die Autoindustrie inzwischen viele Gleichteile verwendet. So fährt auch Opel bei einigen Modellen mit einem Saab-Motor. Auf die Reparatur älterer Saab-Modelle haben sich zudem Spezialbetriebe wie der unabhängige Hamburger Händler Wedde spezialisiert. Teile, die es schon heute nicht mehr neu gibt, werden gebraucht angeboten.

Saab war 1937 als Flugzeugbauer gegründet worden. Die Skandinavier machten sich mit ihren seit 1947 gebauten Autos zunächst einen Namen durch ungewöhnliche aerodynamische Formen und später auch ähnlich wie Volvo durch aufwendige Sicherheitstechnik.

Im Jahr 1990 übernahm der US-Konzern GM 50 Prozent der Anteile sowie die operative Führung. Die Zahl der Arbeitsplätze hat sich im Zuge der chronischen Verluste und ständiger Unterauslastung auf 4000 reduziert. Der Großteil - nämlich 3700 Beschäftigte - arbeiten im Stammwerk Trollhättan nördlich von Göteborg.